Ein geometrischer Beweis, dass es keine rationale Zahl geben kann, die Wurzel 2 entspricht – Aber eine sehr einfache Näherungsmethode

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Für die Behauptung, dass es keine natürlichen Zahlen p und q geben kann, sodass (p/q)2=2 gilt, und daher √2 keine rationale Zahl sein kann, gibt es seit dem antiken griechischen Mathematiker Euklid einen rechnerischen Beweis. Alle späteren Beweise der obigen Behauptung sind mehr oder weniger Abwandlungen dieses klassischen Beweises. Erst 1950 fand der 23 Jahre alte Mathematikstudent Stanley Tennenbaum einen geometrischen Ansatz, indem er die Gleichung p2=2q2 mithilfe zweier Quadrate interpretierte.

Zu dem klassischen Beweis von Euklid gibt es ein interaktives Exponat in der Mathothek. Vorgegebene und überprüfbare Argumente müssen in die richtige logische Ordnung gebracht werden.

In allen Fällen handelt sich um einen Widerspruchsbeweis: Man nimmt an, dass die zu beweisende Aussage wahr sei und folgert dann einen Widerspruch daraus. Aus dem Widerspruch folgt dann, wenn kein anderer Fehler gemacht wurde, dass die Annahme falsch sein muss.

Tennenbaum ging von zwei Quadraten aus, wobei das größere der beiden denselben Flächeninhalt hat wie das Doppelte des kleineren Quadrats. Sei p die Seitenlänge des größeren und q die des kleineren Quadrats, so erhält man p2=2q2 und damit p2/q2=2 und daraus (p/q)2=2. Behauptung: Es gibt aber keine zwei natürliche Zahlen p und q, die diese Gleichungen erfüllen.

Annahme: Es gibt doch natürliche Zahlen p und q mit p2=2q2. Außerdem sollen p und q nur 1 als gemeinsamen Teiler besitzen.

Mit den Sätzen des Pythagoras und Thales erhält man die folgende Beziehung (p2 ist rot und q2 ist grün):

Legt man diese drei Quadrate auf ein Quadrat mit der Seitenlänge p, so ergibt das folgende Bild

Nach Voraussetzung haben die beiden transparenten Quadrate zusammen denselben Flächeninhalt wie das große (rote) Quadrat. Deswegen müssen die beiden kleinen (roten) Eckquadrate zusammen denselben Flächeninhalt besitzen, wie das doppelt überdeckte (grüne) Quadrat in der Mitte.  

Als nächsten Schritt gehen wir von dem mittleren (grünen) Quadrat aus. Wieder konstruieren wir ein halb so großes Quadrat:

Um den Zusammenhang und die Ähnlichkeit der beiden Figuren besser sichtbar zu machen, ist das mittlere (grüne) Quadrat aus dem vorhergehenden Bild durch dasselbe Quadrat in Rot ersetzt worden.

Auch die neue Figur aus den neuen Quadraten entspricht der Ausgangsfigur: Wieder haben die beiden roten Eckquadrate zusammen denselben Flächeninhalt wie das doppelt überdeckte (grüne) Quadrat in der Mitte.

Betrachten wir nun nochmal die gesamte Figur, so erkennen wir – unabhängig von der Unvollkommenheit der Veranschaulichung – dass man das in den beiden ersten Schritten gemachte Vorgehen prinzipiell unendlich oft wiederholen kann.

Aus dieser Erkenntnis der prinzipiellen Möglichkeit der unendlichen Wiederholung dieses Schrittes folgt ein Widerspruch zur Annahme am Anfang. Also ist die Annahme falsch und die Behauptung ist wahr: Es gibt keine natürlichen Zahlen p und q mit p2=2q2, somit kann √2 keine rationale Zahl sein.

Das war eine ziemlich abstrakte Angelegenheit, trotz aller dem Motto der Mathothek – Mathematik begreifbar machen – gezollten Bemühungen. Deswegen jetzt noch eine gut verständliche Möglichkeit der Annäherung an √2.

Wir nähern uns √2 über die √200. Denn √200=10⋅√2. Durch Schätzen und Probieren erhalten wir, dass der Wert zwischen 14 und 15 liegen muss, weil 142=196 und 152=225 gilt, d.h. √200 liegt zwischen 14 und 15.

Auf unserem Brett sind einschließlich des letzten schwarzen Winkelhagens 196 Punkte eingetragen und insgesamt 225. Zählen wir nun von links unten 200 Punkte ab, so brauchen wir alle 196, aber nicht alle Punkte des Quadrats, d.h. wir brauchen von dem letzten Winkelhagen (rot) nur noch vier Punkte.

Gehen wir nun von 14 als der ersten Näherung an √200 aus, so fügen wir als Verbesserung noch 4/225 hinzu, nämlich den Anteil der noch zu 200 Punkten fehlt. Damit liefert 14+4/29 eine Näherung für den Wert von √200. In der Dezimalschreibweise ergibt 14+4/29≈14,1379. Weil  √200=√(102⋅2)=10√2 richtig ist, folgt √2≈1,414. Also liefert unsere so einfache und anschauliche Näherung immerhin vier richtige der unendlich vielen Stellen der irrationalen Zahl √2. Genauer lautet die Zahl, deren Quadrat 2 ergibt, 1,41421356… .

Das obige Vorgehen lässt sich durchaus verallgemeinern: Ist c eine positive ganze Zahl, so gibt es immer eine ganze Zahl a≥0 mit (a+1)2>c≥a2 wie im Beispiel a=14.

Irrationale Zahlen lassen sich nicht als Bruch (Quotient aus zwei ganzen Zahlen) schreiben. Irrationale Zahlen sind in der Dezimalschreibweise Zahlen, die unendlich viele Nachkommastellen haben, aber keine Periode besitzen, d.h. keine Ziffernfolge mit regelmäßig sich wiederholenden Ziffernreihen aufweisen.

Für viele Zwecke reicht unsere hier vorgeführte Näherung von √2 durchaus. Auch ein Taschenrechner gibt nur Näherungen an. Um sicherzugehen, nur korrekte Nachkommastellen zu bekommen, sollte man die letzte Ziffer, die der Taschenrechner angibt, wegen der Rundung weglassen.

Es gibt nicht nur unendlich viele irrationale Zahlen, sondern sehr viel mehr. Würde man alle rationalen und irrationalen Zahlen „in einen Sack stecken“ und eine zufällig ziehen, so hätte man praktisch mit Sicherheit eine irrationale Zahl gezogen.

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