FAQ zur Mathothek — Interview mit Karl-Heinz Forbach (2014)
Wie kamen Sie auf die Idee zur Mathothek?
Ich glaube es war das Jahr 2000, als in Mainz die Wanderausstellung “Mathematik zum Anfassen“ stattfand. Mit einer sechsten Klasse, einem Grundkurs 13 und einem Mathematik-Leistungskurs 12 habe ich diese Ausstellung besucht. Die große Begeisterung der Schülerinnen und Schüler – und natürlich auch meine eigene – brachten mich auf die Idee, solche Objekte für ein kleines Mathe-Mitmach-Museum an der eigenen Schule zu schaffen. Der Start war dann in der Projektwoche des Schuljahres 2000/2001 und bestätigte voll und ganz meine Erwartungen.
Zum schnellen Wachstum der Sammlung mathematischer Mitmachobjekte trugen natürlich meine reichlichen Erfahrungen als Mathematiklehrer bei. Meine Jahrzehnte langen Bemühungen, mit oft ungewöhnlichen, anschaulichen und abwechslungsreichen Zugängen, Schülerinnen und Schüler für das Fach Mathematik zu gewinnen und mathematischen Verständnis zu vermitteln, wurden zur fruchtbaren Basis für die Realisierung der Idee “Mathothek“.
Was ist die Mathothek?
Die Mathothek ist ein Ort, an dem in einer freundlichen und ästhetisch ansprechenden Form spielend mathematische Grunderfahrungen vermittelt werden. Dem Besucher wird durch Blickschulung gezeigt, dass uns Mathematik in unserem Alltag, unserer häuslichen und weiterer Umwelt überall und ständig begegnet. Diese riesige Anzahl von faszinierenden Objekten stammen aus allen möglichen Bereichen aus der Welt der Zahlen, der Geometrie und der Muster und Strukturen. Sie fordern jeden dazu auf, sich mit ihnen zu beschäftigen auf dem Weg von den konkreten Umgang mit ihnen, über das Staunen und Fragen stellen folgt im Idealfall das Finden von Antworten und das Verstehen. Die Mathothek bietet mit ihren Exponaten immer wieder neue und reizvolle Einstiege in mathematische Sachverhalte. Sie ist damit eine großartige Möglichkeit, den mathematischen Schulunterricht zu bereichern und wertvolle Erfahrungen zu machen. Die Möglichkeiten der Mathothek können so individuell als auch in kleineren Gruppen genutzt werden. Nach meinen Beobachtungen wird das Erkunden der Mathothek besonders zum Erfolg, wenn das soziale Element dazu kommt.
Wie viele Exponate gibt es?
Wie ich bereits früher gesagt habe, ist diese Frage nur sehr schwer zu beantworten. Das hängt sehr stark damit zusammen, dass Frage, was ein Exponat ist, oft verschiedenen beantwortet werden kann. Sind alle 13 Kantenmodelle der archimedischen Körper, die von der Decke hängen, ein oder 13 Exponate – besteht doch jedes selbst wieder aus einer Vielzahl von Elementen. Ich schätze, dass man auf über 1000 Exponate kommt.
Wie lange läuft das Projekt “Mathothek“ schon?
Wie schon gesagt, war der Start die Projektwoche und das Schulfest im September 2000. Einen eigenen Raum gab es neben der Schülerbibliothek einige Zeit später. Der Umzug in den jetzigen Raum mit besserer Ausstattung erfolgte vor ca. zwei Jahren. Die Räumliche Enge ist und bleibt das zentrale Problem der Mathothek.
Haben Sie Verbindungen zum Mathematikum in Gießen?
Das Mathematikum in Gießen ist die Mutter der Mathothek und die Mathothek ist die emanzipierte Tochter des Mathematikums. Professor Beutelspacher war im Mai 2010 in der Mathothek zu Besuch und hielt abends einen Vortrag in der Aula. Die große Fülle an interaktiven Objekten in der Mathothek hat einen großen Eindruck auf ihn gemacht. Seine, bei der Einladung, von ihm geäußerte Frage, ob ich ihn nicht auch die Kundschaft abhalte, konnte und kann ich guten Gewissens mit einem klaren Nein beantworten. Im Gegenteil: In der Mathothek gibt es immer genügend Material über das Mathematikum und seine Veranstaltung. Da ich sehr häufig in meine alte Heimat fahre, nutze ich immer wieder gerne die Gelegenheit, ins Mathematikum hineinzuschauen, besonders bei meist interessanten Ausstellungen mit spannenden und wechselnden Themen. Solche Besuche motivieren und inspirieren mich immer wieder. Allerdings würde ich am liebsten von dem reichlichen Platz, den es im Mathematikum gibt, etwas mitnehmen.
Sind Sie bzw. ist die Mathothek sonst noch im Internet zu finden?
Mit kleinen Ausnahmen, wie einzelnen Artikeln auf der Seite des Mosbacher Berg – nicht.
[Nachtrag: Diese Aussage ist inzwischen veraltet. Die Mathothek besitzt ihre eigene Website, auf welcher Sie sich in diesem Moment befinden.]
Wie viele Mitglieder hat die Mathothek aktuell?
Es gibt in diesen Schuljahr zwei Mathothek-AGs, nämlich dienstags und donnerstags mit jeweils ca. 20 Teilnehmern. Dazu kommen noch ein paar, die aus großem Interesse, jedoch nicht immer, dabei sind.
Wie viele Mitglieder gab es überhaupt?
In der gesamten Zeit, die ich an dieser Sammlung arbeite: sicher mehrere Schülerinnen und Schüler, die aufgrund ihrer Begeisterung für die Mathothek und auch ihrer Freude, am handwerklichen Schaffen, Zeit und Arbeit investiert haben. Ein deutlicher Rückgang erfolgte mit der Einführung von G8, weil vielen interessierten Schülerinnen und Schülern durch den vielen Nachmittagsunterricht keine Zeit mehr blieb. Die hohe Zahl in diesem Schuljahr (13/14) ist auch auf die Möglichkeit zurückzuführen, dass die Mathothek-AG als Wahlunterricht anerkannt werden kann.
Wie viel Geld steckt in dem Projekt?
Die Frage ist zum einen einfach zu beantworten, nämlich 0€ von der Schule bzw. von Schulträgern. Sie ist allerdings andererseits schwer zu beantworten, wenn ich meinen eigenen finanziellen Aufwand angeben wollte, zwar gibt es noch zahlreiche Quittungen (etwas über 2/3 der Ausgaben), aber die hat bisher niemand zusammengerechnet. Schätzungen sind unter anderem deshalb sehr schwierig, weil die genaue Anzahl der Objekte nicht bekannt ist und die Ausgaben für die einzelnen Objekte sehr verschieden sind: Es gibt Exponate, für die der finanzielle Aufwand nur wenige Euro beträgt, aber auch viele, für die mehr als 100 € notwendig waren. Somit lassen sich noch nicht einmal genauere Angaben über die konkreten Ausgaben machen. (Die eine oder andere Kreuzfahrt wäre sicher dafür möglich gewesen.)
Völlig unbeantwortet ist die Frage nach dem Gesamtwert der Mathothek aber nicht. Die entscheidenden Faktoren beim Aufbau der Mathothek waren und sind die Ideen der Ideen und der kreative Anteil. Die Großzahl der Objekte sind ja keine Massenprodukte, sondern fast ausschließlich Unikate. Bedenkt man, dass Zeitaufwand und Ideen meistens besonders teuer sind, teurer sind als Sperrholz und Farbe, dann könnte sich das Gymnasium am Mosbacher Berg die Mathothek gewiss nicht leisten.
Welche Rolle spielt die Mathothek in ihrem Leben?
Die Mathothek ist gewissermaßen die Krönung meiner Arbeit als Mathematik-Lehrer: Schülerinnen und Schülern Mathematik auf eine eher spielerische, anschauliche und zum Mitmachen einladende Weise „begreifbar“ zu machen. Ich finde es immer wieder großartig, dass mathematisch besonders interessierte und fähige Besucher die Mathothek genauso toll finden, wie Besucher, die der Schulmathematik eher ablehnend gegenüber stehen. In der Mathothek springt einen die Mathematik nicht Angst machend und unverständlich an, sondern kommt charmant über die Ästhetik und den starken Aufforderungscharakter der Exponate daher. Die Mathothek lässt dem Lernenden viel Freiheit und Selbständigkeit. Die Mathothek war eine Idee, eine Vision, von mir. Und diese konnte ich zu weit mehr als 100% realisieren. Die Begeisterung und Anerkennung durch Besucher aller Alters- und Klassenstufen ist der Dank für die Arbeit und das Geld, das ich investiert habe.
Am 3.12.22 konnte ich mit meinem Enkel zum 1. Mal die Mathethek besuchen und nicht nur der 8jährige Niklas, sondern auch seine Oma wurde spontan eingefangen vom sehr attraktiven Aufforderungscharakter der vielen Möglichkeiten, mit allen Sinnen und spielerisch mathematische Gesetzmäßigkeiten selbständig und ohne Zeitdruck zu entdecken. Der Drittklässler erklärt uns allen immer wieder, dass er Methematik nicht leiden kann….. um sich dann mit großer Neugier und Konzentration einzelnen in der Mathethek angebotenen Spielen zu befassen, Varianten auszuprobieren und mit Zufriedenheit das eigenständig gebaute Ergebnis dem Leiter und Initiator, Herrn Forbach zu zeigen.
Ein ebenso großes wie herzliches Dankeschön an Herrn Forbach und seine Mitarbeiterin für dieses wunderbare Erlebnis. Wir möchten sehr gerne und bald wiederkommen, dann aber mit etwas mehr Zeit – nun da wir wissen, was uns hier an tollen Überraschungen erwartet. Mit herzlichen Grüßen Ursula K. Metz mit Enkel Niklas
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