Mit offenem Blick und ein wenig Aufmerksamkeit entdeckt man – oft ohne zu suchen – interessante mathematische Aspekte an völlig alltäglichen Dingen. So erging es mir auch mit den beiden nicht ganz regulären Holzquadern:
Es handelt sich hierbei um schräg abgeschnittene Quader mit quadratischem Querschnitt. Sie sind aus Holz und stammen aus einem Baumarkt.
Wie komme ich schnell zum Volumen dieses Holzkörpers, und zwar ohne eine spezielle Formel?
Zum Glück gab es auch noch zwei solcher Holzquader mit denselben Abmessungen:
Mit diesen Zwillingen ist die Aufgabe leicht zu lösen:
Das Volumen dieses normalen Quaders ergibt sich bekanntlich als Produkt aus der Grundfläche und der Höhe. Davon die Hälfte ist dann das gesuchte Volumen des abgeschrägten Quaders. Natürlich kann man auch nur mit der Vorstellung des Quaderzwillings die Aufgabe lösen und, wenn man Lust hat, sich auch eine Formel ableiten. Siehe unten.
Jeder normale, gerade Zylinder zeigt nur dann beim Schnitt mit einer Ebene eine Kreisfläche, wenn die Schnittebene und die Symmetrieachse senkrecht zueinander sind. Bei jedem schrägen Schnitt ergibt sich eine Ellipse. In der Mathothek gibt es ein Objekt, bei dem man dies gut erkennen kann:
Aus diesen beiden Körpern, die denselben Kreis als Querschnitt und kongruente Ellipsen als Schnittflächen, aber nicht dieselbe Höhe besitzen, lässt sich natürlich wieder ein normaler Zylinder zusammensetzen. Setzen wir aber die beiden Teile mit ihren kreisförmigen Enden geeignet zusammen, so erhalten wir einen Zylinder mit kongruenten Ellipsen als Grund- bzw. Deckfläche. Es handelt sich um einen schrägen Zylinder, eine Bezeichnung, die sich erklärt, wenn man ihn auf eine Ebene stellt:
Natürlich sind die Volumina des geraden und des schiefen Zylinders gleich. Somit ist das Volumen des schiefen Zylinders Vz= π⋅r2⋅h, wobei r gleich dem Radius und h gleich der Höhe des geraden Zylinders ist.
Wie bekommen wir nun das Volumen eines schräg abgeschnittenen Zylinders heraus? Mit der am Quader gemachten Erfahrung ist das nun leicht.
Wir denken uns den entsprechenden Zwillingskörper, setzen die beiden so zusammen, dass sich die elliptischen Flächen decken, berechnen wieder das Volumen (diesmal) des Zylinders – Grundfläche mal Höhe – und halbieren das Ergebnis. Ohne die Division durch zwei handelt es sich um das Volumen des schrägen Zylinders:
Wenn wir unser anschauliches Vorgehen ein wenig formalisieren, erhalten wir leicht die Volumenformeln für die beiden abgeschrägten Körper.
Mit ein paar Symbolen, nämlich hQ für die Höhe des zusammengesetzten Quaders und hZ für die Höhe des zusammengesetzten Zylinders, a und b für Länge und Breite des Quaders und r für den Radius des Zylinders ergeben sich aus der Erkenntnis, dass sich das Volumen der beiden Körper als Produkt aus Grundfläche mal Höhe berechnen lässt, die beiden Formeln:
V=a⋅b⋅hQ/2 für den abgeschrägten Quader und
V= π⋅r2⋅hZ/2 für den abgeschrägten Zylinder.
Wenn wir bei den abgeschrägten Körpern die „größte Höhe“ mit h1 und die „kleinste Höhe“ mit h2 bezeichnen, so ergibt sich für das Volumen des abgeschrägten Quaders die Formel V=a⋅b⋅(h1+h2)/2 und entsprechend für das Volumen des abgeschrägten Zylinders die Formel V=π⋅r2(h1+h2)/2.
In der Mathothek gibt es aber auch Exponate, die elliptische Zylinder darstellen, z.B. ein Trinkglas mit elliptischem Querschnitt. Besonders interessant und beliebt ist ein „Chef-Spielzeug“ einer Schweizer Firma, das aus beweglichen Teilen besteht, die aus Holz gemacht und schwarz und weiß angemalt sind.
Die einzelnen Glieder der „Kette“ sind schräg abgeschnittene Stücke eines elliptischen Zylinders. Ein elliptischer Zylinder liefert bei jedem Schnitt mit einer Ebene, die orthogonal zur Symmetrieachse des Zylinders ist, kongruente Ellipsen. Beim Verdrehen der Schnittflächen zeigt sich, dass die gegeneinander verdrehten Flächen sich immer vollständig decken. Das ist sehr erstaunlich, findet aber eine logische Erklärung: Bei jedem elliptischen Zylinder gibt es auch eine Schnittebene, die einen Kreis liefert. Hier gibt das Glas, das die Form eines elliptischen Zylinders hat, die Möglichkeit zum Experiment: Man füllt eine – möglichst farbige – Flüssigkeit in das Glas und bewegt es dann schräg zu seiner Achse.
Ein schräg abgeschnittener Quader taucht in der Mathothek auch als Verpackung auf – und zwar für ein Flakon als ansprechender Karton für ein Eau de Toilette.
Es handelt sich bei diesem interessanten, ästhetischen Flakon offensichtlich um einen schräg abgeschnittenen elliptischen Zylinder. Dabei ist der elliptische Zylinder gerade so abgeschnitten, dass die Schnittfläche einen Kreis ergibt.
In der Mathothek existiert eine größere Sammlung von sehr ästhetischen Flakons mit engem Bezug zur Geometrie. Dazu gibt es in unserem Katalog auch einen ausführlichen Artikel. Dasselbe gilt für interessante Verpackungen von Luxuswaren.
Übrigens, wenn Du jetzt noch Lust haben solltest, Dich mit dem Volumen solcher elliptischer Zylinder zu beschäftigen, so brauchst Du nur noch die Berechnung der Ellipsenfläche: A= π⋅a⋅b zu wissen, wobei a für den größten und b für den kleinsten Durchmesser der Ellipse steht.