Symmetrie macht beliebt! Das gilt nicht nur für unser menschliches Gegenüber, auch bei Blüten, Kristallen, Tieren, designten Mustern und Gegenständen wirken Symmetrie und Ebenmaß positiv auf uns. Ebenso sind Symmetrien in der Mathematik äußerst attraktiv. So sind die fünf platonischen Körper seit ganz frühen Zeiten ein Hit. Ihre Namen kommen aus dem Griechischen und beziehen sich auf die Anzahl der sie begrenzenden Seitenflächen:
- Tetraeder (Vierflächner)
- Oktaeder (Achtflächner)
- Ikosaeder (Zwanzigflächner)
- Hexaeder (Sechsflächner, Würfel)
- Dodekaeder (Zwölfflächner)
Hier sind die in der Mathothek vorhandenen Kantenmodelle. Sie sind aus Messingröhrchen und -stäbchen gemacht.
Mithilfe der Klickies aus dem Polydronkoffer lassen sich die fünf „Super“-Körper leicht als Vollmodell bauen.
Hier sieht man das Geheimnis der platonischen Körper besser: Die begrenzenden Seitenflächen sind bei jedem der Körper alle gleich, Tetraeder, Oktaeder und Ikosaeder setzen sich aus gleichseitigen (=regelmäßigen) Dreiecken zusammen, der Würfel bekanntlich aus Quadraten (=regelmäßigen Vierecken) und das Dodekaeder aus regelmäßigen Fünfecken. Unter einem regelmäßigen Vieleck versteht man ein Vieleck, bei dem alle Seiten gleichlang und alle Innenwinkel gleichgroß sind. Mit den Klickies lässt sich das noch einmal bestätigen und auch zeigen, wie man die Abwicklungen der platonischen Körper herstellen kann.
Die sehr symmetrischen regelmäßigen Polygone (Vielecke), die die Seitenflächen der platonischen Körper bilden, sind ein Baustein der symmetrischen Schönheit dieser Körper. Der andere Baustein sind die Ecken, die beim Zusammensetzen der Flächen entstehen. Jede Ecke sieht gleich aus, weil immer dieselbe Anzahl Flächen an einer Ecke zusammenstoßen: drei gleichseitige Dreiecke beim Tetraeder, vier Dreiecke beim Oktaeder, fünf beim Ikosaeder, drei Quadrate beim Würfel und drei regelmäßige Fünfecke beim Dodekaeder.
Die fünf besonderen Gebilde lassen sich auch durch gleich große Kugeln darstellen, indem die Kugeln in den Ecken die Struktur bilden.
Zu untersuchen, welche räumlichen Symmetrien – Drehungen, Flächen-, Achsen- und Punktspiegelungen – jeder der fünf Körper besitzt, ist eine lohnenswerte Übung.
Seit der griechischen Antike genossen die platonischen Körper bei vielen Philosophen eine hohes Interesse, nicht zuletzt bei Platon selbst in seiner Welt der reinen Ideen. Noch Johannes Kepler sah in ihnen die vier Elemente Feuer (Tetraeder), Wasser (Oktaeder), Erde (Hexaeder, Würfel) und Luft (Ikosaeder). Das Dodekaeder stand für das Geistige, die Quintessenz, den Kosmos. Mit seinem Versuch, die Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne mit den platonischen Körpern zu verbinden, musste er mangels tragfähiger Beweise scheitern. Dabei benutzte er In- und Umkugeln. Eine Inkugel eines platonischen Körpers ist die größte Kugel, die in den Körper passt. Die Umkugel eines solchen Körpers ist die kleinste Kugel, die den entsprechenden platonischen Körper umfasst. In der Mathothek gibt es fünf Plastikkugeln als Umkugeln der platonischen Körper.
Viele Künstler haben sich im Laufe der Zeit mit den platonischen Körpern beschäftigt. Der holländische Künstler M. C. Escher tat das auch auf seine eigene Weise. Die entsprechenden Objekte der Mathothek stammen von einem Bausatz aus Pappe.
Wenn solche symmetrische Polyeder so toll und interessant sind, warum gibt es dann nur fünf davon?
Mit Hilfe der Klickies aus dem Polydron-Koffer können wir eine Antwort finden? Zuerst stellen wir experimentell fest, dass wir aus regelmäßigen Dreiecken mit anderen Eckzahlen (Anzahl der Flächen, die sich in einer Ecke treffen) als drei, vier und fünf keinen Körper bauen können: sechs solcher Dreiecke ergeben keine Ecke, sie bilden ein ebenes Gebilde (Wabenmuster) und sieben oder mehr würden auch keine Ecke bilden, sondern sich „überlappen“. Das Gleiche gilt auch für mehr als drei Quadrate oder regelmäßige Fünfecke. Auf die gleiche Weise lassen sich auch regelmäßige Siebenecke, Achtecke usw. als Bauelemente für reguläre Polyeder ausschließen.
Aus diesen Beobachtungen lässt sich mit Kenntnis des Innenwinkelsatzes ein strenger Beweis führen. Wobei der Innenwinkelsatz aussagt, dass in jedem Dreieck die Summe der Innenwinkel immer 180° beträgt, jedenfalls in der euklidischen Geometrie.
Beim Ikosaeder lässt sich eine interessante Beziehung zum goldenen Schnitt finden. Verbindet man vier Eckpunkte des Ikosaeders, die in einer Ebene liegen, durch ein Rechteck, so ergeben sich drei goldene Rechtecke, d.h. bei diesen drei kongruenten Rechtecken verhalten sich Länge und Breite im Verhältnis des goldenen Schnitts.
Interessant sind bei den platonischen Körpern auch die folgenden Beziehungen. Bei dem abgebildeten Objekt der Mathothek handelt es sich um ein käufliches Steckpuzzle aus Holz, das dann in der Mathothek mit Farben angemalt wurde, um die darin enthaltenen platonischen Körper hervorzuheben. Dazu wurde der offene Würfel aus Plexiglas als umfassender weiterer platonischer Körper hergestellt.
Interessant sind bei den platonischen Körpern auch die folgenden Beziehungen, auf die dieses Objekt verweist. Es lässt richtig vermuten, dass ein Tetraeder (rosa bzw, orange) bzw. zwei punktsymmetrisch ineinander gesteckte Tetraeder (rosa und rot) genau in einen entsprechenden Würfel passen, in die Schnittmenge der beiden Tetraeder passt ein Oktaeder (blau), dessen sechs Ecken die Mittelpunkte der Seitenquadrate des Würfels bilden. Die kleinen Tetraeder (halbe Kantenlänge der großen Tetraeder) machen aus dem Oktaeder einen entsprechenden Sternkörper.
Die Beziehung zwischen Würfel und Oktaeder nennt man Dualität. Ein Würfel hat acht Ecken und sechs Seiten. Ein Oktaeder hat acht Seiten und sechs Ecken. Verbindet man die Mittelpunkte benachbarter Seiten eines Würfels, so erhält man die Kanten eines Oktaeders. Verbindet man entsprechend die Seitenmittelpunkte eines Oktaeders, so erhält man einen Würfel. Während diese Dualität am Modell erkennbar ist, ist die Dualität von Dodekaeder und Isokaeder hier nicht sichtbar: Ein Dodekaeder besitzt 12 Seiten und 20 Ecken, ein Ikosaeder hat 20 Fächen und 12 Ecken. Was ist mit dem Tetraeder? Es hat vier Flächen und vier Ecken, d.h. das Tetraeder ist zu sich selbst dual! An einem weiteren Exponat der Mathothek – ebenfalls ein Steckpuzzle – lässt sich auch die zweite Dualität entdecken.