Goldener Schnitt – Definition, Konstruktion und schnelle Überprüfung

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Der goldene Schnitt, lateinisch „sectio aurea“ genannt, ist eine besondere geometrische Zweiteilung einer Strecke, und zwar so, dass die gesamte Strecke sich zur größeren Teilstrecke genauso verhält wie die größere Teilstrecke zur kleineren Teilstrecke. Bezeichnen wir mit a die kleinere und mit b die größere der beiden Teilstrecken, so entspricht a+b der gesamten Strecke.   So gilt genau dann, dass die Strecke im Verhältnis des goldenen Schnitts geteilt ist, wenn die Gleichung (a+b):b = b:a gilt. 

Solche Streckenaufteilungen im goldenen Schnitt finden wir sehr häufig

  • in der Natur
  • in der Malerei
  • bei Skulpturen
  • in der Architektur
  • in der Musik
  • in der Mathematik

In der Kunst finden wir den goldenen Schnitt sehr häufig im griechischen Altertum, in der Renaissance, im Klassizismus und auch in der moderneren Kunst. Dieses Teilungsschema erschien und erscheint den Menschen als besonders harmonisch und ausgewogen.

Auf der gerahmten Abbildung des Aufrisses der Fassade des Leipziger Alten Rathauses lässt sich die Konstruktion des goldenen Schnitts mit Zirkel und Lineal nachvollziehen. Dabei bezeichnet M (=Major) die längere und m (=minor) die kürzere der beiden Teilstrecken.

Man geht dabei so vor, dass man zuerst die Strecke AB mit dem Zirkel halbiert und das Ergebnis im rechten Winkel in A ansetzt und erhält somit das rechtwinklige Dreieck ABC. Mit dem Zirkel wird die Strecke CA von C aus auf der Strecke CB abgetragen. Trägt man nun die verbleibende Reststrecke mit dem Zirkel von B aus auf der zuteilenden Strecke AB ab, erhält man den gewünschten Teilungspunkt. Hier im Aufriss befindet sich der gesuchte Teilungspunkt in der Eingangstür des Rathausturms. Damit teilt sie die gesamte Fassade im goldenen Schnitt.

Um schnell – ohne zu messen und zu rechnen – eine Teilung auf die Proportionalen des goldenen Schnitts zu überprüfen, gibt es in der Mathothek die Möglichkeit, mit einem von drei Zirkeln zu arbeiten.

Der große Zirkel aus Balsaholz kann leicht bei größeren Strecken benutzt werden, beispielsweise um an sich oder einem anderen festzustellen, ob der Nabel die Körpergröße im goldenen Schnitt teilt. Dazu nimmt man den Holzzirkel und stellt mit den Spitzen der längeren Abschnitten den Abstand von den Fußsohlen zum Nabel ein. Ohne die Einstellung des Zirkels zu verändern, müsste jetzt die Entfernung vom Nabel zum Scheitel dem Abstand der Spitzen der beiden kleineren Abschnitte entsprechen.

Das Prinzip dieses Zirkel lässt sich leicht mit dem ersten Strahlensatz oder über ähnliche Dreiecke erklären: Da die beiden Dreiecke ähnlich sind, d.h. entsprechende Winkel gleichgroß sind, verhält sich der Abstand der Spitzen der großen Schenkel zum Abstand der Spitzen der kleinen Schenkel wie M:m. Auch bei den beiden anderen Zirkeln handelt es sich um dieselbe geometrische Grundlage, den ersten Strahlensatz.

Dieses auffällige kleine orangefarbene Objekt ist auch ein Produkt aus dem 3D-Drucker von Frank Nelles. Die drei Spitzen dieses Zirkels zeigen immer die Proportionen des goldenen Schnitts an. So ist bei kleineren Objekten ohne großen Aufwand eine rasche Überprüfung auf das Vorliegen des goldenen Schnitts möglich. So wie hier auf dem Foto des Dünsbergs im Gleiberger Land bei Gießen in Mittelhessen. Eine kurze Regenpause erlaubte eine spontane Aufnahme des schönen ca. 500 m hohen Berges ohne den entstellenden Fernsehturm. Erst als das Bild gerahmt wurde, stellte sich heraus, dass der Gipfel des Dünsberges das Bild im goldenen Schnitt teilt.

Die viel ältere und aus Metall hergestellte Variante kann auf verschiedene Proportionen eingestellt werden, darunter auch auf die des goldenen Schnitts. Ansonsten entspricht sie in Funktion und Aufbau mit mathematischem Hintergrund voll und ganz dem großen Holzzirkel.

Grundsätzlich besteht bei jeder Messung das Problem, dass man durch Messen keinen goldenen Schnitt wirklich nachweisen kann. Das liegt einmal daran, dass in der Realität nur mit mehr oder weniger Ungenauigkeit Ergebnisse erzielbar sind. Zum anderen ist die Zahl des goldenen Schnitts keine rationale Zahl, d.h. sie kann nicht als Bruch dargestellt werden. Das bedeutet, dass die Zahl unendlich viele Nachkommastellen besitzt, aber keine Periode aufweist. Die Zahl φ ist irrational, wie es z.B. auch die Kreiszahl π ist.

Wenn wir die Länge der zu teilenden Strecke als 1 annehmen und die der längeren Teilstrecke als x , so erhalten wir (s.o.):

1/x=x/(1-x) ist äquivalent mit

1=x2/(1-x) ist äquivalent mit

1-x=x2 ist äquivalent mit

  x2+x-1=0 .Diese quadratische Gleichung hat nur eine positive Lösung,

nämlich x= -1/2+√(5/4) oder x=0,5·(-1+√5).

Es ist also die längere Teilstrecke 0,618… , wenn die Gesamtstrecke 1 beträgt.

Für die goldene Zahl φ (Phi, nach dem großartigen antiken griechischen Künstler Phidias) gilt also φ=0.5·(√5-1) ≈ 0,618. Hier spricht man vom inneren goldenen Schnitt. Nimmt man aber an, dass die längere Teilstrecke 1 ist, so erhält man für die gesamte Strecke x=0,5·(1+√5)≈1,618. Da spricht man dann vom äußeren goldenen Schnitt.

Die goldene Zahl φ=0,618… ist der Grenzwert, wenn man die Folge der Quotienten zweier aufeinanderfolgender Zahlen der Fibonacci-Folge (kleinere durch größere Zahl) berechnet. Insofern treten oft zwei solcher Fibonacci-Zahlen als Näherung für Proportionen des goldenen Schnitts auf, beispielsweise 2:3, 5:8 oder 13:21 usw. 13:21=0,619… ist keine so große Abweichung von 0,618… .

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