Flächenverwandlung eines Kreisrings in einen Kreis – Beweisen in der Mathematik

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Ein Kreisring ist die Fläche, die zwischen zwei konzentrischen Kreisen liegt. Dabei sind Kreise konzentrisch, wenn sie denselben Mittelpunkt besitzen. Die Absicht, aus einem gegebenen Kreisring einen Kreis zu machen, der denselben Flächeninhalt besitzt wie der Kreisring, das erscheint schwierig und keine Lösungsidee am Horizont. Zumal beim Kreis und auch beim Kreisring ja diese geheimnisvolle (Kreis-)Zahl π im Hintergrund auftaucht.

Das aus farbigem Moosgummi gefertigte Exponat der Mathothek hilft uns dabei einen Weg zur Lösung unserer gewünschten Flächenverwandlung zu finden.  

Ein hübsches Bild aus einem roten Kreisring und einem blauen Kreis, der aus zwei blauen Halbkreisen besteht.

Das ist die Lösung unserer Aufgabe: Der blaue Kreis und der rote Kreisring haben denselben Flächeninhalt! Wow! Man darf sich zwar über diese Aussage wundern, aber glauben muss man sie nicht.

Wir überzeugen uns durch eine nicht widerlegbare Argumentation. Dazu formulieren wir zunächst unsere Behauptung: Wenn der Durchmesser des blauen Kreises gleichzeitig eine Sehne des äußeren und eine Tangente des inneren Kreises unseres Ringes ist, dann ist der Flächeninhalt des Kreises genauso groß wie der Flächeninhalt des Kreisrings.

Bei unserer Argumentation orientieren wir uns jetzt an dem folgenden Bild.

Wir sehen hier den roten Kreisring, den blauen Halbkreis, ein grünes rechtwinkliges Dreieck und einen roten Kreisausschnitt. Die Hypotenuse des grünen Dreiecks stimmt mit dem Radius des großen Kreisringes überein. Eine seiner Katheten stimmt mit dem Radius des kleineren Kreises und die andere mit dem Radius des blauen Kreises überein. Dass das grüne Dreieck überhaupt rechtwinklig ist, folgt aus der Achsensymmetrie der Figur. Im nächsten Schritt rechnen wir den Flächeninhalt des Kreisrings aus, und zwar als Differenz des Inhalts des großen Kreises minus dem des kleinen Kreises. Zur einfacheren Formulierung bezeichnen wir den Radius des großen Kreises mit R, den Radius des kleinen Kreises mit r und den Radius des blauen Kreises mit ρ. Dann ergibt (R2-r2)⋅π den Flächeninhalt des Kreisrings und ρ2⋅π den des blauen Kreises. Weil das Dreieck mit den Seiten R, r und ρ rechtwinklig ist, liefert uns der Satz des Pythagoras R2=r22 und somit auch ρ2=R2-r2. Damit sind die Flächen von Kreisring und Kreis gleichgroß.

Wir haben es geschafft. Unsere Behauptung ist bewiesen.

Unser Beispiel – das Exponat aus der Mathothek -, das wir zur Veranschaulichung und Orientierungshilfe gewählt haben, zeigt sehr schön, wie leicht es ist, vom „Weg der Logik“ abzukommen. Dabei ist das grüne Dreieck die Versuchung, in die falsche Richtung zu marschieren. Es scheint nämlich nicht nur rechtwinklig zu sein, sondern auch noch gleichschenklig. Nimmt man das als unerlaubte Voraussetzung hinzu, dann behandelte man nur einen Spezialfall und nicht die allgemeine Aufgabe. Wenn der innere Kreis des Kreisringes und der blaue Kreis gleichgroß sind, dann und nur dann ist das grüne Dreieck auch gleichschenklig. In unserem Beispiel ist der Unterschied der beiden Kreise nur gering, deswegen ist das Dreieck nur fast gleichschenklig.

Anschauung hilft beim Verstehen, der Suche nach einer Lösung und bei der Beweisfindung. Aber bei der Argumentation, ob die Behauptung wahr oder falsch ist, entscheiden nur die Logik mit den gemachten Voraussetzungen und bereits zur Verfügung stehenden wahren Aussagen.

Das Bild des mathematischen Beweises als Dialog mit von beiden Seiten akzeptierten Regeln ist sehr treffend. Einer verteidigt die diskutierte Behauptung und der andere versucht, sie zu widerlegen. Zeigt dann das Ergebnis, dass die Behauptung nicht zu widerlegen ist und der Opponent sich geschlagen geben muss, dann gilt die Behauptung als bewiesen. Ist jeder Schritt zur Behauptung logisch einwandfrei, kann man sicher sein, dass auch später niemand kommen und sie widerlegen kann.

Eine weitere schöne Aufgabe besteht nun in der Umkehrung der eben bewiesenen Behauptung, d.h. verwandle einen gegebenen Kreis in einen Kreisring, sodass beide denselben Flächeninhalt haben. Diese Aufgabe hat unendlich viele Lösungen. Damit es für die Aufgabe dann aber eine eindeutige Lösung gibt, können wir noch den äußeren oder den inneren Kreis des gesuchten Kreisringes vorgeben. Für die Lösung der Umwandlungsaufgabe benutzen wir dann den Durchmesser des gegebenen Kreises als Sekante zu dem großen Kreis und konstruieren dann den kleinen Kreis mit demselben Mittelpunkt, für den dieser Durchmesser die Tangente ist. Ist der kleine Kreis vorgegeben, gehen wir einfach umgekehrt vor: Wir konstruieren an den gegebenen inneren Kreis die Tangente (=Durchmesser des gegebenen blauen Kreises) und zeichnen den gesuchten äußeren Kreis mithilfe der folgenden drei Punkte, nämlich den zwei Endpunkten des Tangentenstücks und mit dem Mittelpunkt des kleinen Kreises.

 

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