Der korsische Feldherr und Eroberer halb Europas Napoleon war ein an der Mathematik sehr interessierter Schüler und auch als Erwachsener behielt er dieses Interesse an Geometrie und allem Mathematischen bei. Seinen Prüfer in Mathematik machte er zu einem seiner Minister. In biografischen Beschreibungen findet man sichere Hinweise auf sein insgesamt stark logisch analytisches, mathematisches Interesse. Auch wenn es von daher plausibel erscheint, gibt es aber doch keinen sicheren Beleg dafür, dass dieser Satz tatsächlich von ihm selbst stammt.
Napoleon war wohl auch ein mathematisch interessierter und nicht ganz unbegabter Mensch, der allerdings viel mehr Zeit und Aktivität in Kriege und Schlachten investierte. Trotzdem muss er irgendwann Zeit und Muße gefunden haben, um eine mathematische Aussage über Dreiecke zu entdecken, die in der Geometrie als Satz von Napoleon bekannt ist.
In der Mathothek gibt es zum Satz von Napoleon und einigen geometrischen Aussagen aus dem Umfeld ein mehrteiliges Exponat, um interessante Zusammenhänge zu veranschaulichen:
Es geht hierbei um gleichseitige Dreiecke. Gleichseitige Dreiecke sind besonders, vor allem im Hinblick auf Symmetrie. Bei einem gleichseitigen Dreieck sind nicht nur die Seiten gleich lang, sondern auch die drei Innenwinkel gleich groß. Jeder Winkel besitzt 60º, weil die Winkelsumme in jedem Dreieck 180º beträgt.
Zum Erkennen, dass in jedem Dreieck die Summe der Innenwinkel 180° ausmacht, gibt es in der Mathothek ein interaktives Exponat:
Das gleichseitige Dreieck hat drei Symmetrieachsen, deren Spiegelachsen jeweils eine Ecke mit der gegenüberliegenden Dreiecksseiten verbindet, und drei Drehsymmetrien, und zwar um 120°, 240° und 360°. Damit sind die drei Symmetrieachsen auch die Höhenlinien, die Schwerlinien und die Winkelhalbierenden des gleichseitigen Dreiecks. Die drei beim gleichseitigen Dreieck zusammenfallenden Schnittpunkte sind dann auch die identischen Mittelpunkte vom Inkreis und Umkreis des gleichseitigen Dreiecks:
Für das rote gleichseitige Dreieck ist der blaue Kreis der Umkreis, für das gelbe gleichseitige Dreieck ist er der zugehörige Inkreis.
Und nun zu Napoleons Satz. Wir gehen von einem beliebigen Dreieck aus:
Dann konstruieren wir zu jeder der verschieden großen Seiten dieses Dreiecks ein gleichseitiges Dreieck. Wir konstruieren die Schwerlinien (oder die Symmetrieachsen, Höhenlinien oder Winkelhalbierenden, was ja beim gleichseitigen Dreieck das Gleiche ist) und deren Schnittpunkt.
Verbinden wir nun die drei Mittelpunkte der gleichseitigen Dreiecke, so erhalten wir ein gleichseitiges Dreieck.
Satz von Napoleon: Wenn man bei einem beliebigen Dreieck an jede Seite ein gleichseitiges Dreieck zeichnet, dessen Seitenlänge der Länge der jeweiligen Seite des Ausgangsdreiecks entspricht, dann bilden die Schnittpunkte der jeweiligen Symmetrieachsen ein gleichseitiges Dreieck.
Wie kann man nun einsehen, dass Napoleon recht hatte, und zwar unabhängig davon, ob der Satz von ihm stammt oder nicht?
Dabei nutzen wir die Kenntnis, dass ein Dreieck genau dann gleichseitig ist, wenn seine Innenwinkel gleich groß sind, also jeder 60°. Bei bestehenden Zweifeln sollte man sie durch Überlegungen zur Symmetrie oder auch mit der Tatsache klären, dass in jedem Dreieck der größeren Seite auch der größere Innenwinkel gegenüberliegt und umgekehrt.
Grundlegend für den Satz von Napoleon ist der Kreiswinkelsatz der Geometrie. Das „handfeste“ Exponat in der Mathothek liefert zwar keinen „handfesten“ Beweis, aber eine hilfreiche Veranschaulichung. Es geht um ein Stück eines Kreisbogens und den Zusammenhang mit dem zugehörigen Mittelpunktswinkel und Umfangs- oder Peripheriewinkel. Der Mittelpunktwinkel α ist genau doppelt so groß wie der Umfangswinkel 2α.
Eine Folgerung daraus ist die Aussage, dass somit auch alle Peripheriewinkel von irgendeinem Kreispunkt, der nicht auf dem (roten) Kreisbogen liegt, gleich α und damit gleich groß sind. Veranschaulichende Beispiele mit Gummiringen
… und mit einem roten Winkel
Konstruiert man nun um jedes der drei gleichseitigen Dreiecke den Umkreis, so schneiden sich diese in einem einzigen Punkt.
Um den Satz von Napoleon nun zu beweisen, benutzt man den Kreiswinkelsatz, indem man ihn auf die obige Figur anwendet und zeigt, dass das Dreieck aus den drei gelben Punkten gleichseitig ist.
Will man drei Orte A-Heim, B-Dorf und C-Stadt mit einem neuen Straßennetz aus geraden Strecken direkt verbinden, wobei die Summe der Strecken möglichst kurz sein soll, so findet man die Lösung mithilfe des Satzes von Napoleon. Die drei Orte A, B und C sind die Punkte eines beliebigen Dreiecks. Man konstruiert über dessen Seiten jeweils ein gleichseitiges Dreieck, verbindet deren Mittelpunkte und erhält nach dem Satz von Napoleon ein gleichseitiges Dreieck. Die Symmetrieachsen dieses gleichseitigen Dreiecks liefern die Lösung unseres Minimum-Problems: Für deren Schnittpunkt ist die Summe der Abstände zu A-Heim, B-Dorf und C-Stadt am kleinsten. Allgemein nennt man diesen Punkt Fermatpunkt.
Man wusste wohl schon im antiken Griechenland und römischen Reich um den Inhalt des Umfangswinkelsatzes und hat ihn bei dem Bau von Theatern und Arenen wohl schon berücksichtigt. So war es möglich, dass alle Zuschauer von ihrem jeweiligen Platz aus die Vorführungen unter demselben Sehwinkel sehen konnten.
Blick in ein antikes griechisches Theater:
In der Mathothek gibt es auch weitere interaktive Objekte, bei denen es um das gleichseitige Dreieck geht. Ein solches interessante Experiment ist der Satz von Viviani:
… „Um den Satz von Napoleon nun zu beweisen, benutzt man den Kreiswinkelsatz, indem man ihn auf die obige Figur anwendet und zeigt, dass das Dreieck aus den drei gelben Punkten gleichseitig ist.“
Wie geht der Beweis genau?