Tag der offenen Mathothek
Am Samstag, dem 1.9. 2018 besteht für dieses neue Schuljahr für jeden Interessierten die erste Möglichkeit die Mathothek am Mosbacher Berg zu besuchen. Eintritt: Nur etwas Begeisterungsfähigkeit, Wissbegierde und Spieltrieb.
An diesem offenen Samstag liegt der Schwerpunkt bei verschiedenen Wachstumsfunktionen. So lassen sich an einigen Exponaten der Mathothek das lineare Wachstum erklären und an anderen das exponentielle Wachstum begreifen, auch das negative exponentielle Wachstum kann mit einem „Würfelspiel“ interessant erlebt werden.
Lineares Wachstum: Die Dehnung der Feder ist linear von der wirkenden Kraft abhängig. (Hookesches Gesetz).
Exponentielles Wachstum: Häkelstücke – Zunahme um 12,5%, Zunahme um 20% und Zunahme um 100%
„Negatives“ exponentielles Wachstum:
Zwei Seiten dieser Würfel tragen einen blauen Punkt, d.h. beim Würfeln beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass Blau oben liegt, 1/3. Man würfelt mit allen Würfeln, legt die blauen in die erste Spalte und würfelt mit den restlichen erneut. Die blauen Würfel kommen in die zweite Spalte usw. Die roten Punkte auf dem Brett markieren den Graphen der zugehörigen Exponentialfunktion.
Eine differenzierte Beschreibung von Formen des Wachstums und ihrer Analyse ermöglicht die Verwendung von differenzierbaren Funktionen. Dabei beschreibt die Funktion selbst den Verlauf des Wachstums, die erste Ableitung gibt die Art des Wachstums und die Extrem- und Wendestellen an. Die zweite Ableitung beschreibt die Art der Krümmung, d.h. ob die Wachstumsraten selbst zu- oder abnehmen. Auch hierzu gibt es ein geeignetes Exponat in der Mathothek.
Einen Versuch, die Vermehrung von Kaninchen zu beschreiben, machte der italienische Kaufmann und Mathematiker Fibonacci in seinem Buch liber abacci (1202). Dazu nahm er folgende Bedingungen an:
- Jedes Paar Kaninchen wirft pro Monat ein weiteres Paar Kaninchen.
- Ein neugeborenes Paar bekommt erst im zweiten Lebensmonat Nachwuchs (die Austragungszeit reicht von einem Monat in den nächsten).
- Es kommt kein Kaninchen von außen hinzu und keines verschwindet nach draußen.
Dabei kam er auf folgende Zahlenfolge: 1, 1, 2, 3, 5, 8, 13 Kaninchenpaare lebten im ersten, zweiten, dritten, …, siebten Monat. Fibonacci hat diese Wachstumsfunktion nicht erfunden – auch wenn sie nach ihm benannt wurde – diese Zahlen-Folge war bereits in der Antike und im alten Indien bekannt. Die Folge der Fibonacci-Zahlen beginnt mit 1, 1. Jede folgende Zahl ist die Summe der beiden vorangegangenen Zahlen, 2=1+1, 3=2+1, 5=3+2, 8=5+3 usw.
Diese Fibonacci-Zahlen spielen in der Natur, Kunst und in der Mathematik eine ganz große Rolle. Sie hängen ganz eng mit dem goldenen Schnitt zusammen: Zwei aufeinander folgende solcher Zahlen liefern eine Näherung für das Verhältnis des goldenen Schnitts.
Der Künstler Mario Merz hat sich in seinem Werk mit den Fibonacci-Zahlen auseinandergesetzt, als Metapher auf das Wachsen von Natur und Kultur: Baut das Heutige und Zukünftige doch immer auf dem Gestrigen und Vorgestrigen auf. Noch lassen sich zwei seiner Werke im Landesmuseum in Wiesbaden anschauen (Fotos in der Mathothek).
______________________________________
Sieht oder hört man Nachrichten, liest man die Zeitung – vielleicht sogar den Wirtschaftsteil – so ist immer wieder von Wachstum die Rede: Stolz wird auf die Wachstumsraten in dem einen oder anderen Wirtschaftszweig hingewiesen, das Ansteigen von Bruttolöhnen betont, die zu erwartende steigende Nachfrage prognostiziert usw. Oft sind Wachstumsraten auch mehr als erschreckend: das Roden des Regenwaldes, der Flächenverbrauch in Deutschland pro Jahr, der geschätzte Zuwachs an Pflegekosten in den nächsten Jahren u,v.m.
Hier wird die Statistik, eine oft missbrauchte Teildisziplin der Mathematik, gefordert. Die Mathematik versucht für verschiedene Wachstumsprozesse geeignete Funktionen zur Verfügung zu stellen. Je besser diese Funktion den Prozess beschreibt, umso genauere Voraussagen sind möglich und umso gezielter können Entscheidungen getroffen werden.
Es geht dabei aber auch am Samstag darum, die Mathematik (Statistik) gegen ungerechte Anschuldigungen zu verteidigen, und über ihren Missbrauch zu reden.