„Einer weniger und dafür alle etwas länger“ oder „Einer mehr und dafür alle etwas kürzer“ – Wo ist der 22. Panda?

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Es ist bekanntlich nicht alles Hexerei, was uns auf den ersten Blick so vorkommt. Aber nicht alle solche Erscheinungen müssen deswegen fauler Zauber sein. Manchmal steckt Schnelligkeit dahinter oder ein Trick, aber allemal viel Abrakadabra und Ablenkung.

Wo ist der 22. Pandabär? Das ist die Frage bei einem lustigen und listigen Objekt in der Mathothek und der Zuschauer kann verblüfft keine Antwort geben. Er zählt nochmal und nochmal und mal sind es 22 und dann wieder 21 süße Pandas.

Hier kannst Du Dich selbst überzeugen, dass es 22 schwarzweiße Pandabären sind. Zähl ruhig noch einmal. Denk daran, dass ziemlich in der Mitte ein Panda-Pärchen zu sehen ist!

Bist Du Dir wirklich ganz sicher, dass Du richtig gezählt hast? Zähl erneut! Ruhig auch ein zweites Mal.

Du zählst und siehst tatsächlich nur 21 Pandas. Wo ist der 22. Panda? Jetzt kannst Du die mittlere Scheibe hochheben und das Geheimnis scheint gelöst zu sein. Auf dem Boden erscheint ein weiterer Panda:

Natürlich ist dieser Spaß nicht die Lösung des Rätsels. Die findet man nur durch genaue Beobachtung und mit einer richtigen Erklärung. Vergleiche zunächst ganz genau die beiden Bilder nebeneinander!

Man erkennt sehr gut die Stelle, an der sich Panda Nr. 22 befunden hat. Es interessieren für unsere Frage nur die Pandas, die sich auf dem Spiralarm auf dem Kreis befinden, nicht die sechs in der Mitte des Kreises. Wie hängen nun die 16 bzw. 15 Pandas zusammen? Durch Drehen der mittleren Scheibe werden aus 16 die 15 und durch Drehen in die Gegenrichtung aus 15 die 16 niedlichen Pandas. Auf dem linken Foto gibt es zwei Pandas, von denen sich einer ganz  auf der inneren Scheibe und der zweite ganz auf dem äußeren Kreisring befindet. Dagegen breiten sich auf dem rechten Foto alle Pandas – bis auf die sechs Pandas, die unverändert auf beiden Fotos im inneren Kreis verharren – auf  dem inneren und dem äußeren Kreisring aus. Hier bei den spiralig auf der Trennlinie von Kreisring und kleinem Kreis angeordneten Pandas ist die Erklärung des Rätsels zu suchen: Der auf dem linken Foto zu sehende und sich nur auf der inneren Scheibe befindliche Panda ist „geopfert“ worden.  Jeder der 15 Pandas ist ein wenig größer geworden. Dass dieser Vorgang nicht auffällt, dafür sorgt das sorgfältige Aufkleben der zusammengehörenden Teile von jedem der 15 bzw. 16 Pandas. Wichtig dabei ist, dass die 15 bzw. 16 Pandas im gleichen (Winkel-)Abstand auf der Trennlinie von innerem Kreis und äußerem Kreisring aufgeklebt wurden. Mit dieser Konstruktion und ein wenig Talent, das Publikum zu verzaubern, wird die Suche nach dem 22. Panda zum begeisternden Erfolg.

Somit wird auch der dunkle Motto der Überschrift dieses Artikels licht und verständlich:

„Einer weniger und dafür alle etwas länger “ oder „Einer mehr und dafür alle etwas kürzer“ – Wo ist der 22. Panda?

Die nächsten Bilder zeigen ein ursprünglich im Shop des frühen Mathematikums erworbenes Objekt, das für die Mathothek leicht bearbeitet wurde.

Beim Vertauschen der oberen beiden Teile verschwindet einer der 15 Zwerge und beim Rücktausch taucht er wieder auf:

Das zweite jüngere aus dem Shop stammende Objekt mit den im Mathematikum experimentierenden Kindern ist bunter und üppiger als das erste:

Aber auch in diesem Puzzle verschwindet durch Vertauschen der oberen Teile ein Kind und taucht beim Zurücktauschen wieder auf.

Der Trick ist im Grunde genommen der gleiche bei allen drei Objekten. Mit den folgenden beiden in der Mathothek hergestellten Objekten wird durch Vereinfachung das Prinzip und Funktionieren dieser Täuschung erkennbar.

Zunächst lässt sich mithilfe des ersten Objektes das Grundprinzip erfahren, das allen Abwandlungen dieses Tricks zugrunde liegt. Legt man die beiden Hälften ordentlich übereinander, so sind fünf einfache Balken zu sehen, die alle gleichlang sind. Der ganz links angeordnete Balken befindet sich völlig auf dem oberen Streifen und der ganz rechts zusehende Balken befindet sich nur auf dem untereren Streifen. Der Abstand zu dem benachbarten Balken ist immer derselbe. Verschiebt man nun den unteren Streifen so weit nach rechte, dass wieder Balken zu sehen sind, so zählt man nur noch  vier. Das erstaunte Fragen nach der Erklärung führt durch genaues Hinsehen zur Erkenntnis, dass jetzt alle vier Balken auf beiden Streifen liegen, aber immer noch alle gleichlang sind. Die Längen sind jedoch alle um das gleiche Stück gewachsen, und zwar genau um ein Viertel des verschwundenen Balkens. So lässt sich umgekehrt auch das „Auferstehen“ des fünften Balkens erklären. Bei den Pandas entsprechen den beiden Streifen der innere Kreis und der äußere Kreisring. Wesentlich ist dabei, dass die Streifen bzw. die Pandas denselben (Winkel-)Abstand zu ihren Nachbarn haben.

Das zweite – nach dem Buch Wie man in eine Seifenblase schlüpft von Albrecht Beutelspacher hergestellte – „Erklärungsobjekt“ macht das leichtere Verstehen des Tricks, bei dem mithilfe der Teilung des oberen Streifens und dem Vertauschen der beiden Teile gearbeitet wird. Hier fällt auf, dass nicht alle Striche nach dem Vertauschen der oberen Teile um das gleiche Stück wachsen.

Tatsächlich beruht die Wirkung dieser Tricks aber ganz entscheidend auf der Art der Wahrnehmung und darauf, dass wir Menschen sehr schnell reagieren, ohne wirklich genau hinzusehen. Wir sehen Balken, ohne ihre Längenveränderung wahrzunehmen oder ihre Lage auf den Streifen. Erst die paradoxe Erkenntnis, dass ein Balken verschwindet oder auch wieder auftaucht, weckt unser Misstrauen und spornt uns an, nach einer vernünftigen Erklärung zu suchen.

Der Amerikaner Sam Loyd (1841-1911) hat als einer der besten Rätselerfinder überhaupt im Jahre 1896 ein Puzzle mit dem Namen Get Off the Earth, dem das Pandarätsel der Mathothek nachempfunden ist, veröffentlicht und das mehr als 10 Millionen Mal verkauft wurde.

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