Vom kleinen Gauß zum Fürsten der Mathematiker – Summenformeln begreifbar gemacht

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In einer einklassigen Volksschule wollte sich der Lehrer einige Zeit ungestört mit den älteren Schülern beschäftigen und während dessen die kleineren Kinder beschäftigen. So stellte er ihnen die Aufgabe, alle Zahlen von 1 bis 100 zu addieren. Aus dem Vorhaben wurde aber nichts, denn in dieser Klasse saß der kleine Sohn eines Müllers. Er hieß Carl Friedrich Gauß und wurde zu einem der bedeutendsten Mathematiker überhaupt. Wer noch einen Zehn-DM-Schein besitzt, kann sich sein Bild anschauen und einige seiner Leistungen erfahren. Der kleine Gauß meldete sich nach ganz kurzer Zeit mit dem richtigen Ergebnis: 5050. Der Lehrer erklärte schließlich, dass er dem Knaben nichts mehr beibringen könne und setzte sich bei seinem Landesherrn in Göttingen für ein Stipendium für Gauß ein, das diesem mathematischen Genie eine einzigartige Karriere ermöglichte.

Die Rechnung, die die Kleinen bearbeiten sollten, lautete 1+2+3+4+5+…+99+100, also 1+2=3, 3+4=7, 7+5=12 usw. Das hätte für eine Weile die Kleinen beschäftigt. Aber, wie geschrieben, wurde daraus nichts.

Mithilfe dieses einfachen Exponats der Mathothek lässt sich der schnelle Weg des kleinen Gauß veranschaulichen. In unserem Fall geht es nur um die Berechnung von 1+2+3+4+5+6+7+8+9+10+11. Aber nach Erkennen des Prinzips lassen sich leicht und schnell auch große, sehr große Summen natürlicher Zahlen, z.B. von 1 bis 1.000.000, ausrechnen.

Man ergänzt die blauen Punkte des Dreiecks mit den roten Punkten auf den Holzleisten zu einem Rechteck. So sieht man sofort, dass die gesuchte Summe genau die Hälfte aller Punkte im Rechteck ist, also (11⋅12)/2=132:2=66, oder ausführlich, um das Prinzip verallgemeinern zu können:

(1+11)+(2+10)+(3+9)+(4+8)+(5+7)+(6+6)+(7+5)+(8+4)+(9+3)+(10+2)+(11+1)=132 ist die Summe aller Punkte und 132:2=66 ist die Hälfte, also die gesuchte Summe aller Zahlen von 1 bis 11.

Jetzt können wir die Rechnung des Mathe-Genies nachvollziehen: Gauß hatte nur 100⋅101=10.100 und anschließend 10.100:2=5050 gerechnet, um die Aufgabe zu lösen. Hast Du sein Prinzip verstanden, so kannst Du jetzt in einigen Sekunden die Summe der ersten Million natürlicher Zahlen ausrechnen: Zunächst rechnest Du 1.000.000⋅1.000.001=1.000.001.000.000 und nach der Division durch 2 hast Du das Ergebnis: 500.000.500.000.

Allgemein gilt die Gleichung 1+2+3+…+n=((n+1)⋅n)/2 (oder auch 1+2+3+…+n=(n+1)⋅n/2) für alle natürlichen Zahlen n. Dieses wurde allerdings hier nicht bewiesen. Das geschieht auf elegante Weise mit dem großartigen Prinzip der vollständigen Induktion. Aber man gewinnt auf dem oben beschrittenen Weg eine Anschauung von der abstrakten Gleichung.

Das gilt auch für die beiden nächsten Summenformeln. 

Die erste Gleichung lautet: (1+2+3+4)2=13+23+33+43.

Mit dem folgenden Objekt in der Mathothek kann man sich diese Formel anschaulich begreifbar machen:

Für die Darstellung der linken Seite der Gleichung füllen wir alle Blöcke in den grünen Rahmen:

Das Ergebnis zeigt, dass sie sich als Quadrat anordnen lassen. Dieses Quadrat hat eine Seitenlänge von 1+2+3+4 und den Flächeninhalt (1+2+3+4)2. Die Blöcke stellen die einzelnen Teilprodukte 1⋅1, 1⋅2, 1⋅3, 1⋅4, 2⋅1, 2⋅2, 2⋅3, 2⋅4, 3⋅1, 3⋅2, 3⋅3, 3⋅4, 4⋅1, 4⋅2, 4⋅3, 4⋅4 dar.

Aus den Blöcken lassen sich aber auch Würfel zusammensetzen:

Diese Würfel besitzen die Volumina 13, 23, 33 und 43, also haben sie zusammen ein Volumen von 13+23+33+43. Da beide Male dieselben Blöcke benutzt wurden, ist die Gleichung bestätigt. Auch hier legt die gemachte Erfahrung und gewonnene Anschauung die Vermutung nahe, dass diese Summenformel nicht nur bis 4, sondern auch für andere natürlichen Zahlen gültig ist und die allgemeine Formel (1+2+3+…+n)2=13+23+33+…+n3 für alle natürlichen Zahlen stimmt. Was aber noch streng logisch zu beweisen wäre, z.B. mit der vollständigen Induktion.

Kommen wir zur zweiten Summenformel:

1 · 1 + 1 · 2 + 2 · 3 + 3 · 5 + 5 · 8 + 8 · 13 + 13 · 21 = 212.

Hier spielen die Zahlen der Fibonacci-Folge eine wesentliche Rolle. Diese sind auch in anderen Artikeln ausführlich dargestellt, so u.a. bei ihrem Vorkommen in der Mathematik, Natur und Kunst. Die Fibonacci-Zahlen lassen sich rekursiv definieren:

  1. 1
  2. 1
  3. 1+1=2
  4. 1+2=3
  5. 2+3=5
  6. 3+5=8
  7. 5+8=13
  8. 8+13=21
  9. 13+21=34
  10. 21+34=55 usw.

Fibonacci-Folge als “Treppe” dargestellt (Mathothek):

Diese Rechtecke aus Sperrholz besitzen Seitenlängen, die sich auf die Fibonacci-Zahlen beziehen: Das kleinste Rechteck ist 1 breit und 1 lang, das zweite ist 1 breit und 2 lang, das dritte 2 breit und 3 lang, das vierte 3 breit und 5 lang, das fünfte 5 breit und 8 lang usw. Breit und Länge der Rechtecke sind gerade die Zahlen der Fibonacci-Folge. Addiert man nun die Flächeninhalte der sieben Rechtecke, so erhält man die linke Seite der obigen Summenformel: 

1⋅1+1⋅2+2⋅3+3⋅5+5⋅8+8⋅13+13⋅21

Alle sieben Rechtecke füllen zusammen das Grundquadrat.

 Der Flächeninhalt des Grundquadrats beträgt also 212 und damit ist die obige Gleichung bestätigt.

Natürlich kann man jede der beiden Terme auch ausrechnen und durch die Gleichheit der Ergebnisse die Gleichung bestätigen. Unser Weg ist allerdings anschaulicher und durch ein besseres Verständnis geeignet die Gleichung zu verallgemeinern. Auch hier ist die Behauptung erst bewiesen, wenn sie ohne Rückgriff auf die Anschauung rein logisch begründet wird.

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