Was passiert, wenn ein Frauchen, ihr Hund, eine Katze und eine Maus ganz zufällig so platziert sind, dass diese vier die vier Ecken eines Quadrates bilden, die Frau auf den Hund zuläuft, der Hund dann nach der Katze rennt, die Katze auf kürzestem Weg die Maus jagt und die Maus, die mit der Hundebesitzerin Freundschaft geschlossen hat, ihre Beschützerin zu erreichen versucht? Alle vier laufen gleichzeitig los und bewegen sich darüber hinaus auch noch mit der gleichen Geschwindigkeit.
Wie das Rennen bahnmäßig verläuft, lässt sich gut, wenn auch nur näherungsweise, mit einem Bild in der Mathothek simulieren:
Der Inhalt dieses blau-gelben Bildes ist beweglich: Die blauen und auch die gelben Teile sind drehbar in der Mitte des Bildes befestigt. Es handelt sich, wie man schnell vermutet und auch leicht feststellen kann, um Quadrate, deren Seitenlängen immer um das gleiche Stück kürzer werden. Entsprechend gedreht und geordnet sieht eine Möglichkeit des Bildinhalts wie folgt aus:
Wir stellen uns nun die Ausgangssituation vor, indem wir die vier Läufer entsprechend in den vier Eckpunkten positionieren, z.B. die Frau in der oberen linken Ecke, in der rechten oberen Ecke den Hund, die Katze links unten und die Maus rechts oben. Im Moment des Starts laufen alle vier im Uhrzeigersinn los, und zwar starten sie parallel zu den Quadratseiten. Ihre Bahnen werden aber nicht gerade verlaufen, sondern die vier Verfolger bewegen sich jeweils auf einer Kurve, weil ja ihr Ziel sich bewegt und jeder ständig – in jedem Moment – seine Laufrichtung auf sein Ziel hin korrigiert.
Mit den Quadraten des Bildes lassen sich die Positionen der vier Läufer zeigen, die sie jeweils zu bestimmten Zeitpunkten des Rennens eingenommen haben. Die Zeitspannen dazwischen sind immer gleichlang. Durch diese vier endlichen Folgen von Punkten erhalten wir eine Annäherung an die Kurven, auf denen sich die vier Mitspieler bewegen. Im letzten Bild sehen wir dann eine solche durch Strecken angenäherte Kurve dargestellt. Je mehr Quadrate man für so ein Bild benutzt, je kleiner also die Seitendifferenzen sind, umso mehr Punkte der Näherungskurve erhält man und umso mehr nähern sich die Streckenkurven den Schleppkurven. Dann lässt sich auch erkennen, dass die vier Kurven sich spiralförmig im Mittelpunkt des großen Quadrats treffen.
Eine Kurve mit dieser Form und diesen Eigenschaften nennt man eine Verfolgungskurve. Man spricht auch von einer Traktrix oder Schlepp-, Zieh- oder Zugkurve. Der Name erklärt sich daraus, dass diese Kurve von einem Massenpunkt beschrieben wird, der mit einem ihn ziehenden Punkt verbunden ist, der sich im rechten Winkel zur ursprünglichen Verbindungslinie der beiden Punkte bewegt.
Es gibt in der Mathothek ein zweites selbst gebasteltes Objekt, das ein weiteres Bild einer Näherung an die oben vorgestellte Schleppkurve zeigt.
Es gibt ein weiteres Bild in der Mathothek, dass ebenso als eine solche Näherung an eine andere Verfolgungskurve interpretiert werden kann. Hier sehen wir drei symmetrische Schleppkurven:
Bei den letzten beiden Bildern entsteht ein starker räumlicher Eindruck, sodass wir hier auch eine räumliche Schleppkurve bzw. deren Annäherungen sehen können. Wenn wir die fantastische Einkleidung von oben auf dieses Bild und seine Näherungskurven übertragen wollen, so muss einer der vier Verfolger ausscheiden und für dessen Verfolger eine neue “Jagdverbindung” ausgedacht werden.
Diese Bilder und die dazu erfundenen und nicht sehr realistischen Geschichten können aber doch erfolgreich helfen, das Wesen einer Verfolgungskurve zu verstehen. Es gibt aber auch wirklich wichtige und interessant Anwendungen. So kann mithilfe der Schleppkurve beispielsweise das Fahrverhalten von Fahrzeugen modelliert werden. Besonders interessant dabei ist die Frage nach dem Platz, der bei Kurvenfahrten benötigt wird und Berechnungen zum Rückwärtsfahren sowie beim Abschleppen eines Anhängers u.ä.
Die Probleme mit dem “Unendlichen” sind in der Philosophie zu allen Zeiten behandelt worden und führten zu vielen Bemühungen, durch logische Auseinandersetzungen Klarheit zu schaffen und vor allem dazu, die vielen bei einem zu naiven Verwenden des Begriffs des Unendlichen auftretenden Widersprüchen, Paradoxien und Antinomien zu vermeiden. Das gilt natürlich in ganz besonderem Maße in der Mathematik, für die die Widerspruchsfreiheit eine unverzichtbares Grundprinzip ist. In der Mathothek gibt es deswegen auch sehr viele Exponate, die zur Auseinandersetzung mit dem Unendlichen herausfordern. Dazu gehören neben sehr vielen verschiedenen Exponaten zahlreiche Bilder, die sich mit dem Thema des Unendlichen befassen, so wie es die obigen Bilder auch tun.