Randpunkte, Sehnen und Kreisteile – Wie leicht man sich täuschen lässt

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 Bei diesem bunten Exponat der Mathothek geht es darum, eine Vermutung über den Zusammenhang von der Anzahl der Punkte auf einem Kreisrand und der maximal möglichen Anzahl der durch die Sehnen und den Kreisrand gebildeten Flächen zu finden. Um diese Arbeit zu erleichtern, gibt es in dem farbigen Spankistchen sechs Kreisscheiben aus Sperrholz. Auf jeder Scheibe ist eine Anzahl von einem bis zu sechs Randpunkten schwarz markiert. Anschließend wurden diese Punkte durch Sehnen (schwarze Linien) verbunden. Dabei entstehen – der Kreisrand als Begrenzung dazu genommen – eine bestimmte maximal mögliche Anzahl von Flächenteilen der Kreisscheiben, die zur leichteren Erkennung zweifarbig gefärbt wurden.

Randpunkte: 1      Flächen: 1

Randpunkte: 2     Flächen: 2

Randpunkte: 3    Flächen: 4

Randpunkte: 4    Flächen : 8


Randpunkte: 5    Flächen: 16

Wird es schon langweilig?

Weißt Du schon das nächste Ergebnis? Natürlich gibt es bei sechs Randpunkten 32 Flächen, denn Du hast bemerkt, mit jedem weiteren Randpunkt verdoppelt sich die Flächenzahl.

Fehlgeschossen, Herr Blitz, hier saß der Fritz! (Wilhelm Busch).


Randpunkte: 6     Flächen: 31

Zähle ruhig noch einmal nach, ohne Fehler bekommst du keine 32.

Vor solchen Fehlschlüssen bewahrt uns die strenge Logik der Mathematik. Aus noch so vielen richtigen Einzelergebnissen darf man nicht darauf schließen, dass die Aussage auch für alle gilt. Ein einziges Gegenbeispiel erledigt eine solche Behauptung für alle Zeiten. Zum Beweisen solcher „Für alle“-Aussagen besitzt die Mathematik ein wunderbares Prinzip: Die vollständige Induktion. Sie verlangt zweierlei: Erstens den Induktionsanfang und zweitens den Induktionsschritt. Das kann man mit dem Dominoeffekt vergleichen: Sind alle Steine so aufgestellt, dass sicher ist, wenn irgendein Stein fällt, so fällt auch der nächste (der vordere) Nachbar (Induktionsschritt), und stößt man den ersten Stein um (Induktionsanfang), dann fallen alle Dominosteine.

Wollte man die Vermutung, dass sich die Anzahl der Flächen mit jedem zusätzlichen Randpunkt verdoppelt, so würde der Induktionsanfang gelingen. Aber der Induktionsschritt, mit jedem Randpunkt mehr, verdoppele sich die Anzahl der Flächen, hätte nicht gelingen können, wie unser Gegenbeispiel beweist.

Unser kleines Experiment zeigt noch mehr: Wir sind von Hause aus geneigt anzunehmen, dass es ein einfaches Gesetz gibt, das unsere Beobachtungen beschreibt und erklärt.

Die Mathothek will dazu beitragen, dass wir selbstkritisch unser Urteil überprüfen und auch die Urteile anderer Menschen kritisch betrachten.

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