Großer Kasten der Mineraliensammlung in der Mathothek:
Kleiner Kasten der Mineraliensammlung in der Mathothek:
Seit unendlichen Zeiten haben Kristalle den Menschen fasziniert, sei es wegen ihrer Farbe, Festigkeit, spiegelnden Flächen, starken Lichtbrechung oder auch Seltenheit. Aber ihre Anziehungskraft beruhte nicht zuletzt auch auf der Schönheit ihrer geometrisch regelmäßige Gestalt. Die bis heute bei vielen Menschen bestehende Überzeugung, dass Mineralien auch starke magische Kräfte besitzen, soll hier draußen vor bleiben.
Die ca.150 Mineralien in der Mathothek wurden gezielt im Hinblick auf eine möglichst gute Erkennbarkeit ihrer Kristallformen ausgesucht und erworben. Jedes Mineral hat eine ganz bestimmte atomare Zusammensetzung, aus der sich seine regelmäßige innere Struktur bestimmt. Dieser innere Aufbau ist häufig auch in der äußeren Form des Kristalls sichtbar, je ungestörter der Kristall wachsen konnte, desto besser ist seine mathematische Gestalt erkennbar.
Besonders faszinierend sind die Pyritkristalle. Wegen des edlen Goldglanzes ist es nicht überraschend, dass Pyrit auch „Katzengold“ genannt wird, und so mancher wenig erfahrene Goldsucher bei einem solchen Fund am Ziel zu sein glaubte.
Fast alle Besucher, die bisher noch keinen solchen Kristall in der Hand hatten, sind zunächst davon überzeugt, dass diese geschnitten, geschliffen und poliert wurden. Dass das aber nicht der Fall ist, sondern die Natur hier ganze Arbeit geleistet hat, beweisen die Kristalle, die noch in ihrem Muttergestein sitzen.
Pyrite kommen sehr häufig in würfliger Form, aber auch in einer dem Dodekaeder (=Zwölfflächner) ähnlichen Gestalt vor. Sehr oft treten bei Pyritkristallen auch „Verwachsungen“ auf, hier sind dann mehrere Kristalle ineinander gewachsen.
Ziemlich klein, dafür umso schöner sind die Kristalle aus Vanadinit. Besonders gut kann man sie in der Vergrößerung sehen: Es handelt sich hier um Prismen mit einem regelmäßigen Sechseck als Grundfläche.
In der Kristallografie wurden die räumlichen Symmetriegruppen noch vor denjenigen 17 der Ebene analysiert und im Hinblick auf ihre jeweiligen Symmetrieigenschaften in sieben Kristallklassen eingeteilt. Zu dieser Klassifikation der Kristalle gibt es ein besonderes Exponat in der Mathothek: Es sind 15 aus Glas gefertigte Modelle zu den sieben Kristallsystemen. diese Modelle sind schon mehr als 100 Jahre alt. Hier Fotos von einigen Beispielen:
In der unbelebten Natur kommt das regelmäßige Sechseck sehr häufig vor. Dagegen dominiert in der belebten Natur eher das regelmäßige Fünfeck, z.B. bei den Blütenformen. Vielleicht liegt ein Teil der Erklärung für dieses Phänomen in der Tatsache, dass man mit dem regelmäßigen Sechseck die Ebene lückenlos ausfüllen kann. Man vergleiche dazu eintrocknenden Schlamm oder erstarrte Lava (Basaltsäulen). Es bilden sich mehr oder weniger regelmäßige Wabenstrukturen. Mit regelmäßigen Fünfecken ist eine solche Parkettierung nicht möglich.
Bei dem klaren Calcit ist die starke Lichtbrechung durch seine darunter gelegte Schrift „Doppelspat“ (Bezeichnung dieses speziellen Calcits) ausgezeichnet zu beobachten. Beim Durchgang wird ein Lichtstrahl in zwei Strahlen gebrochen, was man bei leichtem Drehen des Kristalls gut beobachten kann. Calcit kommt häufig als Rhomboeder („verformter“ Quader) vor.
Fluorit tritt in verschiedenen Kristallformen auf: Würfel, Oktaeder und ineinander verwachsene Formen. Das Oktaeder tritt oft beim Bruch auf. Fluorite gehören zur kubischen Kristallklasse, die die meisten Symmetrien aller Kristallklassen besitzt. Auch die Farbe eines Calcits kann verschieden sein, von weiß, blau, grün bis fast schwarz. So zum Beispiel der wundervolle dunkle Flouritkristall mit seinen so präzise sich durchdringenden Würfeln:
Der Granat tritt sehr häufig in Form eines Rhombendodekaeders auf, einem regelmäßigen Körper mit 12 Rauten (=Rhomben) als begrenzenden Seitenflächen. Auch Granate gehören zur symmetriereichsten, kubischen Kristallklasse.
Der Rhombendodekaeder mit den anscheinend „abgeschliffenen Kanten“ zieht den fragenden Blick besonders auf sich: Aber auch hier hat die Natur alles ganz allein erledigt!
Rubine zeigen im Querschnitt ein gleichseitiges Dreieck, bei dem die Ecken ziemlich gleichmäßig abgeschnitten wurden. Daher gehören sie nicht zur hexagonalen, sondern zur trigonalen Kristallklasse. Ebenso verhält es sich beim Turmalin und Apophylitt:
Beim Betrachten der Turmaline – dunkle Turmaline heißen Schörle – faszinieren besonders die Enden! Obwohl ihr Querschnitt sechseckig ist, haben sie eine Pyramide mit einem gleichseitigen Dreieck als Basis zum Abschluss. Deswegen gehören sie zur trigonalen Kristallklasse.
Der Chiastolith ist zwar poliert worden, aber nicht gefärbt, d.h. die schwarzen Kohlepartikel ordnen sich bei der Kristallisation in dieser Kreuzform an. Der Staurolith ist eine Zwillingsbildung, bei dieser Durchkreuzung beträgt der Winkel immer 90° oder 60° bzw. 120°.
Ein Fantasy-Schloss? Eine Werbung für Geodreiecke? Ein Kristall? – Jedenfalls kein Entwurf von Friedensreich Hundertwasser! Dieser Kristall aus reinem Wismut stammt zwar aus dem Labor – trotzdem ist er ohne die Hilfe eines Geodreiecks so auskristallisiert.
Bei dem Apophyllit sind die vier Rhombenflächen der Kristallspitze sehr schön ausgeprägt. Dabei ist ein Rhombus oder eine Raute ein Viereck mit gleichlangen Seiten und gleich großen, gegenüberliegenden Winkeln. Dieses Exemplar ist das obere Ende eines dipyramidalen Kristalls und gehört – wie alle Apophyllite – zur tetragonalen Kristallgruppe.
In der Architektur findet man sehr oft diese Vier-Rhomben-Konstruktion als Turmbedachung, z.B. für Kirchtürme.
Das sind nur wenige Beispiele schöner Kristalle aus den beiden „Kristallkästen“!
Für weitere Informationen über die zauberhafte Welt der Kristalle stehen Besuchern je nach Alter und Interessen auch eine Reihe Bücher in der Mathothek zur Verfügung.
Um sich mit Symmetriegruppen besser vertraut zu machen, gibt es in der Mathothek noch zwei faszinierende Exponate: Bandornamente und Stoffmuster als Beispiele für ein- bzw. zweidimensionale Symmetriegruppen:
Bandornamente:
Stoffmuster:
→ Kristallsysteme – Klassifikation mithilfe von Symmetrien
→ Die 17 Symmetriegruppen der Ebene – 100 Stoffproben mit allen Symmetrietypen