Viele schön, bunt und formenreich gestaltete Kreisel faszinierten und faszinieren immer noch als Spielzeug Kinder in aller Welt. Tatsächlich gehören Kreisel zu den ältesten Spielzeugen, die von Archäologen gefunden wurden. Außer als Spielzeug wurden Kreisel historisch auch für Glücksspiele und in der Wahrsagung benutzt.
Ein Kreisel ist allgemein als starrer Körper definiert, der um eine Achse rotiert. In der Physik müssen Kreisel nicht notwendigerweise rotationssymmetrisch sein. Ein freier Kreisel kann sich ansonsten frei bewegen, aber auch mit einer Achse in eine bestimmte Richtung gezwungen werden, ein sogenannter gefesselter Kreisel. Neben den physikalischen Eigenschaften des Kreisels gibt es auch noch interessante optische Phänomene zu beobachten.
Bei den folgenden Kreiseln, die aus einer flachen Scheibe mit einer ganz kurzen Rotationsachse bestehen, sind schwarze Spiralen aufgemalt. Werden diese Kreisel in Drehung versetzt, so kommt es zu einer sehr überraschenden physiologischen Wirkung. Blickt man längere Zeit auf die sich drehende Spirale und anschließend z.B. in seinen Handteller, so scheint dieser sich auszudehnen oder zusammenzuziehen, und zwar abhängig von der Drehrichtung.
Auch die folgende Abbildung auf dem “Scheibenkreisel” trägt aufgedruckte Spiralen, allerdings handelt es sich hier nicht um eine, sondern um die Zusammensetzung mehrere Spiralenstücke mit unterschiedlichen Richtungen. Beim Beobachten entstehen räumliche Eindrücke von ineinanderlaufenden Spiralen.
Der bei Drehung des nächsten Kreisels entstehende räumliche Eindruck ist sehr stark und einmal erlebt, bleibt das gesehene räumliche Objekt im Gehirn gespeichert. Man sieht es dann sogar auf dem zweidimensionalen und sich nicht drehenden Bild.
Bei den unten abgebildeten Kreiseln erlebt man bei ihrer Rotation je eine Farbmischung.
Auch bei den hier gezeigten Kreiseln entstehen beim Rotieren optische Effekte. Ursache für all die oben genannten Phänomene ist die Trägheit unseres Sehsinns. Ab einer gewissen Geschwindigkeit von Bildfolgen kann unser Gehirn nicht mehr jedes einzelne Bild aufnehmen und so überlagern sich die Bilder zu neuen dynamischen Eindrücken.
Durch die besondere Bearbeitung seiner Oberfläche zerlegt der kleine metallene flache Kreisel das weiße Licht in seine Spektralfarben, was auch so schon ästhetisch ist, aber bei seiner Rotation entfacht dieser Kreisel ein faszinierendes Feuerwerk.
Die beiden nächsten Kreisel geben auch schon so Rätsel auf: Handelt es sich hier um Spiralen oder Kreise?
Tatsächlich sind es Kreise, wie man nach kurzer Zeit den ersten Eindruck von Spiralen korrigieren muss. Werden die beiden Kreisel in Rotation versetzt, so sieht man deutlich Kreise. In diesem Beispiel hebt gewissermaßen die Kreiselbewegung die optische Irritation auf.
Eine besonders interessant Klasse von Kreiseln sind die “Stehaufkreisel”. Werden sie mit dem Stil nach oben in Rotation versetzt, so beginnen sie sich nach einer Weile während der Rotation “auf den Kopf” zu stellen, d.h. sie rotieren dann auf ihrem Stiel weiter.
Die zwei “Mal-Kreisel” (unten) besitzen als Rotationsachsen einen kurzen roten bzw. blauen Filzstift. Mit dessen Hilfe werden während des Rotationsvorgangs die Bewegungen der Rotationsachse auf dem Papier aufgezeichnet.
Bei dem nächste abgebildeten Kreisel ist die Rotationsachse magnetisch und wird durch die kleine metallene “Schlange” an seiner freien Bewegung gehindert.
In der Mathothek gibt es noch mehr gefesselte Kreisel mit magnetischer Achse:
Da ist zunächst der Möbius-Kreisel. Hier wird ein symmetrischer runder Holzkreisel mit einer magnetischen Achse auf einem einseitigen (leeren) Möbiusband, dessen einziger Rand aus einem starken Stahldraht besteht, bewegt. Hier lassen sich die Besonderheiten des Möbiusbandes besonders gut erfahren.
Dann gibt es noch den magnetischen Vertikalkreisel, bei dem ein Holzkreisel mit magnetischer Achse sich zwischen zwei geraden Stahldrähten auf und ab bewegt. Dieses Exponat ist für alle Besucher faszinierend und eine Herausforderung zur genauen Beobachtung, um die Erklärung des Experiments zu finden.
Es gibt in der Würfelsammlung der Mathothek auch Beispiele für die Verwendung eines Kreisels für Glücksspiele. Hier sind zwei Beispiele, ein bereits seit alter Zeit zu findender Typ und ein an das Dezimalsystem angepasster Kreisel-Würfel:
Ein Exponat der Mathothek, das viel Aufmerksamkeit erregt, besteht auch aus Kreiseln, denen man es aber auf den ersten Blick nicht ansieht. Sie sehen zunächst völlig symmetrisch aus, verhalten sich aber entgegen den Erwartungen asymmetrisch. Es handelt sich hierbei um die keltischen Wackelhölzer, die in einem eigenen Artikel vorgestellt werden.
Der unten abgebildete Kreisel ist ein Gyroskop, wie er seit 1917 in Indiana/USA hergestellt wird. Das erste Gyroskop wurde bereits 1854 gebaut. In ihm wird ein orthogonal zur Achse stehendes Schwungrad mit einer beweglichen Achse gelagert ist. Mit einer Kordel wird dieses Schwungrad in eine Drehung versetzt, die dem Gyroskop eine überraschende Stabilität verleiht. So verfällt das Gyroskop nicht wie andere Spielzeugkreisel ins Trudeln. Seine Achse wirkt wie auf ihrer Basis fixiert.
Mit diesem Kreisel lassen sich die physikalischen Grundlagen der Drehimpulserhaltung gut beobachten. Der Kreisel im Gyroskop versucht aufgrund der Drehimpulserhaltung seine Ausrichtung im Raum beizubehalten. Der Bewegungszustand eines rotierenden starren Körpers (Kreisels) wird durch den Drehimpuls gekennzeichnet, eine physikalische Größe, die sich aus der Masse des Körpers (Trägheit) und seiner Geschwindigkeit bei der Rotation (Winkelgeschwindigkeit) zusammensetzt. Wenn der Körper ruht, beträgt seine Geschwindigkeit null und damit auch sein Impuls. Solange keine weiteren Kräfte auf den Körper einwirken, bleibt sein Impuls erhalten, d.h. der Kreisel würde sich nach dem Satz von der (Dreh-)Impulserhaltung ewig gleichförmig weiter drehen. Dass er das nicht tut, bewirkt hier eine weitere Kraft: die Reibungskraft, die den Kreisel abbremst.
Es sollte mich echt nicht wundern, wenn sich inzwischen Dein Gehirn in einen Kreisel verwandelt hätte.