Die Entwicklung des aufrechten Gangs des Menschen gab ihm auch einen erweiterten Blick auf seine nähere und weitere Umwelt. Sein wachsendes Gehirn, seine sprachliche Entwicklung und seine sozialen Möglichkeiten werden in ihm Staunen und Fragen geweckt haben, die über die tägliche notwendige Befriedigung seiner Bedürfnisse immer weiter hinausgingen. Wie heute noch jedes Kind staunend irgendwann den Sternenhimmel betrachtet, so mögen auch unsere Vorfahren vom Sternenhimmel fasziniert gewesen sein und ihre Beobachtungen gemacht haben, gerade auch im Bereich der ersten Zivilisationen im Zweistromland mit seinem meist von Wolken freien Himmel. Dabei konnten sie natürlich feststellen, dass neben den ganz großen Himmelskörpern, Sonne und Mond, noch weitere fünf, die mit bloßem Auge sichtbaren Planeten: Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn im Verhältnis zu den vielen Fixsternen besondere Bahnen zogen. Diese sieben besonderen Himmelskörper begründeten wohl im Wesentlichen die Sonderrolle der Zahl Sieben. Dabei ist es sicher möglich, dass diese Entdeckung und Verknüpfung zu verschiedenen Zeiten und Orten gemacht wurden.
Allerdings waren es die Babylonier, die aus den sieben Wandelsternen, die auch schon für die Babylonier mit bloßem Auge sichtbaren, scheinbar beweglichen Himmelskörpern, die Vorstellung von den sieben Himmelssphären entwickelten und diesen sieben Planeten sieben Flüsse, sieben Farben, sieben Töne und sieben Metalle zuordneten. Wahrscheinlich wurde diese Magie der Sieben durch andere Naturbeobachtungen weiter gestärkt, z.B. durch Fixsternkonfigurationen oder die Mondphasen.
Die beiden zentralen Himmelskörper, Sonne und Mond, haben die Menschen sicher von Anfang an als entscheidende Mächte erlebt und Göttern gleichgesetzt. Aber der lunare Rhythmus, der sich in vier etwa siebentägige Wochen teilte, war eine grundlegende Beobachtung. Sie wurde die Basis für den Mondkalender, vor allem in den orientalischen Ländern. Den frühen Menschen musste bei ihren Naturbeobachtungen das Anschwellen und Abnehmen des Mondes viel mehr beeindruckt haben als uns heutige Menschen. In Zeiten, in denen die Zahlen nicht nur zum Zählen dienten, war sicher auch die Gleichung 1+2+3+4+5+6+7=28 nicht nur eine richtige Gleichung, sondern auch ein Gleichnis für die Erscheinung des Mondphasenzyklus. Durch die Addition der ersten sieben Zahlen erhält man 28, also die Anzahl von Tagen eines Mondzyklus. So hat die große Magie der Sieben sicher auch eine lunare Begründung. Für die Menschen des Altertums war obige Addition somit sogar der „mathematische Beweis“ für die Sonderstellung und die Bedeutsamkeit der Sieben im Weltgeschehen.
Mit Ackerbau und Viehzucht wurde dann aber der Sonnenkalender immer wichtiger. Die Bestimmung besonderer Tage im Verlauf des Sonnenjahres, wie Tagundnachtgleiche im Frühling und Herbst möglichst vorherzusagen, das war die Aufgabe für besondere Menschen. Mit der Sesshaftwerdung des Menschen wurden diese auf die Sonne bezogenen Beobachtungen immer wichtiger, um die Aussaat zu bestimmen und die Ernte zu sichern.
In diesem Zusammenhang war der Fund der „Himmelsscheibe von Nebra“ – eine der ersten Himmelsdarstellungen, ca. 6500 Jahre alt – eine großartige Hilfe für die Wissenschaft. Neben Sonne und Mond ist vermutlich die Darstellung der Fixsterngruppe der Plejaden oder des Siebengestirns auffällig. Archäologen nehmen an, dass das Siebengestirn in der besonderen Stellung zum Mond im Hinblick auf die Aussaat wichtig ist. Diese Sternansammlung trägt ihren Namen, weil von den vielen Sternen dieser Sterngruppe sieben mit dem bloßen Auge erkennbar sind.
Die riesige Zahl der Fixsterne haben die Menschen wohl schon früh in übersichtliche Gruppen eingeteilt und auch zur Orientierung genutzt. So bilden im Wesentlichen sieben Sterne die Sternbilder des Kleinen und des Großen Wagens (ohne das Reiterlein oder den sog. Augenprüfstern). Ein auf der Nordhalbkugel immer nach Norden weisender Stern ist im Kleinen Wagen der Polarstern (gelbe Markierung).
So erkennen wir am Sternenhimmel mehrfach die heilige Sieben: die sieben mit bloßen Augen sichtbaren Wandelsterne (Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn), den Zyklus der Mondphasen, das Siebengestirn, die Sternbilder des Großen und Kleinen Wagens. Am wichtigsten sind wohl davon die Wandelsterne und der lunare Zyklus. Der Bezug den Wandelsternen und die mit ihnen verbundenen Götter hat sich über die Zahl und Namen der Wochentage bis heute erhalten. Man vergleiche auch die Namen der Wochentage in anderen Sprachen. Bei dieser Namensuntersuchung von Wochentagen und Planeten muss man die Zuordnung von Gottheiten und Planeten beachten. Am Beispiel der deutschen Benennung des fünften Tages wurde der Name des höchsten Gottes Jupiter der Römer, dem der Planet Jupiter zugeordnet war, durch den Namen des höchsten germanischen Gottes Donar ersetzt.
Ganz sicher haben die Bobachtungen am Nachthimmel einen starken Einfluss auf die „himmlischste“ aller Künste – die Musik – gehabt. Bereits in den ältesten Kulturvölkern gab es eine hoch entwickelte spekulative Erforschung der Gesetze der Musik in Form einer ausgeprägten Tonlehre. Untersuchungen zeigen, dass die Grundlagen der Tonsysteme ebenso wie die Bauart der Instrumente kosmologischen Vorstellungen verknüpft sind. Es gab sehr früh die Musik, die auf fünf Tönen aufbaute, die Fünftonskala (Pentatonik), z.B. in der ägyptischen Tempel-Musik. In Indien war eine siebenstufige Tonleiter normal war. In China wurde die ursprüngliche Fünftonleiter zur siebenstufigen und allmählich sogar zur zwölfstufigen Tonleiter erweitert. So findet man auch in Mesopotamien und Griechenland die Verbindung der heiligen Sieben und der Musik. Bei den Griechen findet sich aber die ausgeprägteste Musiklehre, die besonders enge Beziehungen zu den asiatischen Systemen hat. Der Einfluss der Philosophie Platons auf den Zoroastrismus, der sich aus dem Mithrasreligion entwickelt hat, zeigt sich besonders in der sog. Quartenharmonie von Planeten, Metallen, Tönen und Wochentagen:
Wesentlich für die abendländische Musik wurde die siebenstufige Tonleiter, die Auswahl von sieben Grundtönen. Mit dem achten Ton beginnt die Wiederholung, wobei dieser achte Ton eine Oktave höher als der erste Ton ist, d.h. sie verhalten sich wie 2:1. Die sieben Grundtöne werden nach griechischem Vorbild mit den Buchstaben A, B, C, D, E, F, G bezeichnet. Das B wurde erst später durch das H ersetzt. Beim Klavier bilden die vier weißen und die drei schwarzen Tasten die siebenstufige Tonleiter. Die Verbindung der Musik mit dem Geistigen und Spirituellen war und ist immer sehr stark gewesen und damit auch mit der heiligen Zahl Sieben, also den sieben besonderen Himmelskörpern.
In der Mathothek gibt es auch ein Monochord, ein ganz einfaches Musikinstrument mit einer einzigen Saite und einem verschiebbaren Steg, mit dessen Hilfe man die Grundsaite in verschiedenen Verhältnissen teilen kann. Das Monochord geht wohl schon auf Pythagoras zurück.
Die Babylonier waren die größten Himmelsbeobachter und Sterndeuter der Antike. Sie haben auch die zwölf Stern- oder Tierkreiszeichen entdeckt bzw. erfunden, die bis heute die Grundlage der Astrologie sind. Tierkreiszeichen sind die Symbolbilder, die die zwölf Abschnitte des Tierkreises kennzeichnen. Sie wurden in der Antike als geometrische Kreisabschnitte zu je 30° auf der Ekliptik definiert, vor denen sich die Sonne nacheinander während eines Jahres zu je einem Zwölftel der Jahreslänge befand. Zu der Zeit, als diese Einteilung gemacht wurde, dachten sich die Menschen noch, dass sich die Erde unbeweglich im Zentrum stand. So war für sie die Ekliptik die Bahn, auf der sich die Sonne im Laufe eines Jahres um die Erde bewegte. Wir wissen heute, dass sich die Erde um die Sonne bewegt, vom geozentrischen Weltbild ging die wachsende Beobachtung und Analyse zum heliozentrischen Weltbild über.
Dieses kleine interaktive Exponat der Mathothek veranschaulicht diese Erkenntnisse der babylonischen Sternbeobachter und Sterndeuter: Da ist zunächst eine Kreisscheibe mit den zwölf Tierkreiszeichen und ein oben offenes Kästchen, in dem die Scheibe entsprechend dem Jahresablauf gedreht werden kann. Der obere Rand des Kästchens stellt den Horizont von Babylon dar, d.h. die jeweils fünf sichtbaren und die sieben nicht sichtbaren Sternzeichen befinden sich über oder unter dem Horizont, also in der „Unterwelt“. Daher ist die Fünf im positiven Bereich und die Sieben im negativen Bereich angesiedelt, erhält die heilige Sieben ihren düsteren Charakter. Die Sieben ist somit durchaus ambivalent. Auch heute noch spricht man hin und wieder noch von der bösen Sieben. Nebenbei sehen wir hier, wie aus der Summe der beiden besonderen Zahlen Fünf und Sieben eine weitere besondere Zahl erscheint: die Zwölf.
In der Mathothek gibt es im Zusammenhang mit der Magie der Zahl Sieben viele szenische und andere Anspielungen, so auch zur Rolle der magischen Sieben in den großen Religionen der Welt.