Der Soma-Würfel – Eine harmlose Droge?

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Ein sehr bekanntes Packpuzzle in Würfelform ist der Soma-Würfel. Er besteht aus sieben Bauteilen, die wiederum aus gleichgroßen kleinen Würfelchen zusammengesetzt (zu denken) sind. Da sechs der Bauteile aus vier Würfelchen zusammengesetzt sind und nur ein Baustein aus dreien, heißt das, dass der daraus zu bauende Würfel 27 Würfelchen enthalten muss. Es handelt sich also um einen 3x3x3-Würfel. Der Beweis dafür, dass man aber tatsächlich aus den sieben Bauteilen einen solchen Würfel auch zusammensetzen kann, ist die Aufgabe dieses Experimentes der Mathothek für den Besucher. Dass es möglich ist, hat der dänische Spielerfinder, Wissenschaftler und Schriftsteller Piet Hein (1905 – 1996) durch sein 1934 angemeldetes Spiel bewiesen. Insgesamt gibt es 11 Möglichkeiten, aus zwei, drei oder vier gleich großen Würfeln alle möglichen Körper zu konstruieren, dass diese über Seitenflächen miteinander fest verbunden sind. Nimmt man die Quader, die dabei entstehen können, heraus, so bleiben noch genau die sieben Formen übrig, die oben abgebildet sind und die Hein als Bausteine für seinen Soma-Würfel ausgewählt hat. Auch diese Erkenntnis lässt sich mithilfe von geeigneten losen Würfeln aus der Mathothek nachvollziehen.

Der öfter in der Mathothek „auftretende“ britische Mathematiker J. H. Conway hat durch systematisches Ausprobieren herausgefunden, dass es 240 Möglichkeiten gibt den Soma-Würfel aufzubauen, wenn man die symmetrischen Lösungen nicht mitrechnet.

Auch wenn dieses eine ziemlich große Zahl ist, heißt das noch lange nicht, dass es sich um eine einfach oder durch bloßes Probieren zu lösende Aufgabe handelt.

Dieses Exponat ist eines der allerersten Exponate der Mathothek aus dem Jahr 2000. Übrigens ist das auch daran zu erkennen, dass die Teile recht groß sind. Im Laufe der Jahre sorgte die „Evolution“ in der Mathothek für kleinere, sogar für Miniaturen durch Anpassung an die Fülle der entstehenden Exponate und dem immer knapper werdenden Platz.

Ein besonders schönes Erlebnis hatte ich bei dem Besuch eines Viertklässlers an einem Tag der offenen Tür. In einer mit Eltern und Schülern übervollen Mathothek hat er sich die Teile des Soma-Würfels ausgewählt, einen freien Platz gesucht und den Würfel korrekt zusammengebaut. Dann zeigte er mir stolz sein Werk. Aber seine Freude war plötzlich schlagartig weg, sodass ich ihn nach dem Grund dafür fragte. Nachdenklich meinte er, dass er aber nicht wisse, ob er es noch einmal schaffen könne. Er ging mit seinem Würfel leicht niedergeschlagen zurück auf seinen Platz. Kurze Zeit später kam er wieder zu mir und meinte: „Herr Forbach, jetzt kann ich es immer!“ Ich verstand die Reaktion sofort. Ich hatte ihn aus der Distanz beobachtet und gesehen, dass er den Würfel ganz ruhig Schritt für Schritt auseinander nahm und die einzelnen Ergebnisse genau anschaute und dann den Würfel systematisch neu aufbaute.

Willst Du Deinen eigenen Lösungsweg suchen, dann tue es jetzt, ohne weiterzulesen. Hier gibt einige Bilder zu einem der 240 Lösungswege:

Ehe der fertige Soma-Würfel sichtbar wird, noch eine Erklärung zur Überschrift. „Soma“ ist griechisch und bedeutet „Körper“. Das ist nun nichts Besonderes. Aber es wird auch vermutet, dass Piet Hein bei diesem Namen auch an die Droge „Soma“ gedacht habe, die in Aldous Huxleys Science-Fiction-Roman „Schöne neue Welt.“ den Romanfiguren einen selbstvergessenen Zustand ermöglicht.

Dass es beim Soma-Würfel um räumlich-geometrische Anschauungen und Erfahrungen geht, ist leicht einsichtig. Dass aber die intensive Auseinandersetzung mit geometrischen Fragestellungen – besonders auf solch spielerische Art und Weise – auch zu „selbstvergessenen Zuständen“ führen können, ist nur durch Erfahrung zu vermitteln.

Wie fast immer gibt es in der Mathothek zu vielen Themen mehr als ein Exponat, das einen anschaulichen Zugang zu dem jeweiligen Thema bietet. So auch hier.

Es sind hier offensichtlich die gleichen Bauteile wie beim Soma-Würfel gegeben. Nur sind die Würfelchen, die die sieben Formen bilden, hier abwechselnd aus hellem oder dunklem Holz. Die Aufgabenstellung ist damit klar: Bau einen zweifarbigen Soma-Würfel mit Schachbrettmuster!

Auch hier hast Du die große Freiheit: Willst Du es ohne Hilfe selber schaffen, dann fahr den Computer herunter, oder Du vollziehst die angebotene Lösung nach und kannst dann immer noch einen weiteren Lösungsweg einständig suchen.

Kluge Gedanken, Lösungen und Ansätze anderer intensiv nachzuvollziehen, ist, um Mathematik zu lernen und zu verstehen, nicht nur ein scheinbar einfacher, sondern auch ein grundlegender Weg.

Es gibt noch zwei weitere Exponate in der Mathothek, die auf dem Prinzip des Soma-Würfels aufbauen, in dem sie zum Aufbau des Soma-Würfels eine weitere zu beachtende Bedingung stellen. Da ist zunächst als Abwandlung   – wie auch bei einer der Abwandlungen des Conway-Cubes – der Fall, dass der Würfel so verformt wurde, dass zwei Diagonalen des Würfels nun verschieden lang sind. Entsprechend wurden auch seine Bauteile verformt. Es gibt dann keine rechten Winkel mehr, was das Zusammensetzen der Teile natürlich erschwert.

Die sieben Formen des Soma-Würfels sehen dann bei dem „schiefen Würfel“ so aus: 

Der fertige deformierte Würfel sieht dann in dem hölzernen Behälter, der die Lösung der gestellten Aufgabe sowohl durch die Vorgabe der Form des „schiefen Würfels“ als auch beim Zusammenhalt der Teile unterstützt, so aus:

Hier gibt es nun keine Lösung mit Bildern, sondern eine Lösungshilfe mithilfe eines Vergleichs der beiden Würfel (Soma-Würfel und „schiefer Soma-Würfel“) und ihrer jeweiligen sieben Teile. Als Transferleistung dürfte dann auch diese Aufgabe keine unüberwindliche Hürde sein, wenn man den normalen Soma-Würfel gelöst hat. Auf dem Foto der Teile der beiden Soma-Würfel sehen sich die Teile infolge der Projektion besonders ähnlich.

Tatsächlich sind die entsprechenden geraden und schiefen Würfel und Quader mathematisch Parallelepipede oder Parallelflachs, d.h. diese geometrischen Körper sind durch sechs Flächen begrenzt, von den je zwei gegenüberliegende Seiten parallel sind. Die nicht rechtwinkligen Parallelflachs nennt auch Spate und diese gibt in der Natur, wie auf dem Bild mit mehreren Calciten zu sehen ist:

In der Mathothek gibt es noch ein weiteres Exponat, das ebenfalls eine Abwandlung des Soma-Würfels darstellt. Dieses Mal sind die Würfelchen für die Bauteile versetzt und ein Rahmen aus Aluminium-Stangen zum Einbau des abgewandelten Soma-Würfels vorgegeben:

Und das ist dann der fertige, abgewandelte Soma-Würfel:

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