Der Satz des Pythagoras – Der wohl bekannteste Satz der Mathematik

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In der Mathothek gibt es eine „Plätzchenform“ aus dem 3D-Drucker, die den Satz des Pythagoras veranschaulicht und erlaubt, mit entsprechendem Teig Pythagoras-Plätzchen zu backen – auch außerhalb der Weihnachtszeit. Hier liegt auch das bereits bekannte pythagoreische Tripel 3, 4, 5 vor. Die Tripel 15, 8, 17; 5, 12, 13; 35, 12, 37; 21, 20, 29 sind weitere solche Tripel.

Der Satz „a2+b2=c2 ist den meisten Menschen aus der Schule als Schlagwort noch geläufig und wird oft als das Stichwort für „Mathematik“ überhaupt benutzt. Dabei ist der mathematische Sachverhalt so nicht korrekt beschrieben. Diese Aussage gilt nur für rechtwinklige Dreiecke. Umgekehrt ist ein Dreieck immer rechtwinklig, wenn die genannte Gleichung stimmt. Das Wissen, das hinter diesem Schlagwort steht, ist sehr alt und wurde schon sehr früh zur Konstruktion von rechten Winkeln benutzt. Jedenfalls ist seine Bezeichnung „Satz des Pythagoras“ kein Hinweis darauf, dass Pythagoras ihn entdeckt hätte. Auch Euklid, der Verfasser des ersten logisch aufgebauten Mathematikbuchs hat ihn nicht erst entdeckt. Der entsprechende Sachverhalt war bereits im Ägypten der Pyramiden und auf Tontäfelchen mit Keilschrift in Mesopotamien, aber auch in Indien bekannt. Allerdings hatte dieses Wissen im wesentlichen nur praktische Bedeutung und stammte aus der Erfahrung, so wie das eine oder andere Naturgesetz.

Die große Pyramide von Gizeh, die Pyramide des Pharao Cheops, ist nicht nur mit großer Genauigkeit nach den Himmelsrichtungen ausgerichtet, auch die rechten Winkel sind sehr genau, wahrscheinlich genauer als bei dem kleinen Modell im Maßstab 1:2000. Vielleicht haben die Ägypter hier von dem „Satz des Pythagoras“ Gebrauch gemacht.

Erst als der griechische Mathematiker Euklid von Alexandria das mathematische Wissen seiner Zeit im dritten Jahrhundert v. Ch. systematisch in Buchform zusammenstellte, legte er mit seinen Prinzipien den Grundstein für eine mathematische Darstellung. Die strenge Form solcher Begründung und solchen Aufbaus bestimmt die Mathematik noch bis heute. Euklid benutzte Definitionen, Postulate und Axiome, beschrieb Konstruktionen und formulierte Sätze, die dann mit logischer Strenge aus den Elementen begründet werden müssen. In einer Übersetzung ist Euklids Mathematikbuch in der Mathothek verfügbar.

Wie haben es die Baumeister der Antike geschafft, rechte Winkel zu konstruieren? Nun beispielsweise mithilfe einer Kordel mit 12 Knoten, die 12 gleichlange Stücken der Kordel getrennt haben, und drei Stäben konnte das gelingen. Man spannte damit ein Dreieck, bei dem an der Ecke mit dem gewünschten rechten Winkel drei bzw. vier Kordelstücke zusammentrafen. Dann spannte man die dritte Seite mit den fünf Einheiten und erhielt ein rechtwinkliges Dreieck. 

Für dieses Vorgehen im Altertum und auch später gibt es durchaus Belege. Man hat in Babylon auch Tontafeln gefunden, die sog. pythagoreische Tripel in Keilschrift enthielten. Die Zahlen 3,4,5 sind ein solches pythagoreisches Zahlentripel. Allgemein bilden drei natürliche Zahlen a, b, c ein solches Tripel, wenn a2+b2=c2 gilt.

Es folgt hier nun eine korrekte und vollständige Formulierung des fundamentalen Satzes der euklidischen Geometrie, der jede Fülle von Anwendungen hat.

Satz des Pythagoras:

  1. Bilden in einem Dreieck die beiden Seiten a und b einen rechten Winkel, dann gilt für die Quadrate der drei Seiten a, b und c die Gleichung a2+b2=c2
  2. Gilt in einem Dreieck mit den Seiten a, b und c die Beziehung a2+b2=c2, dann bilden die Seiten a und b einen rechten Winkel.

Die beiden kürzeren Seiten a und b, die den rechten Winkel bilden, nennt man Katheten und die längere Seite c, die dem rechten Winkel gegenüber liegt, Hypotenuse.

Teil 1 und Teil 2 des Satzes sind logische Umkehrungen voneinander, sie treffen bei einem gegebenen Dreieck beide zu oder sie treffen beide nicht zu. Aus der Gültigkeit von Teil 1 bei einem gegebenen Dreieck folgt die Gültigkeit von Teil 2 für dieses Dreieck und umgekehrt. Deswegen weiß man z.B., dass jedes Dreieck, dessen Seitenlängen pythagoreische Tripel sind, rechtwinklig sind.

Es gibt eine Fülle von Beweisen für den Satz des Pythagoras. Zu zweien gibt es ein Exponat in Form eines „Legespiels“.

Anhand des konkreten Beispiels lässt sich die Beweiskette leicht verallgemeinern, wenn man dabei beachtet, dass die Argumentation mit jedem beliebigen rechtwinkligen Dreieck funktioniert.

Wir nennen die Katheten des gegebenen Dreiecks a und b, die Hypotenuse c. Nehmen ein Quadrat mit der Seitenlänge a+b. Unser rechtwinkliges Dreieck legen wir nun vierfach auf das Quadrat, und zwar auf zweierlei Arten. Im ersten Fall beträgt die freibleibende Quadratfläche c2 und im zweiten Fall bleiben zwei Quadrate frei, nämlich a2 und b2. Da jeweils von demselben Quadrat das Vierfache unseres Dreiecks abgezogen werden, sind auch in beiden Fällen die frei bleibenden Flächen, nämlich c2 bzw. a2+b2 gleichgroß. Somit gilt die Behauptung des Satzes. Die Voraussetzung, dass es sich um ein rechtwinkliges Dreieck handelt, war notwendig, um das Grundquadrat konstruieren und entsprechend belegen zu können.

Der zweite Beweis beruht ebenfalls auf einem Legespiel:

Das rote Dreieck ist hier das gegebene rechtwinklige Dreieck mit den Katheten a, b und der Hypotenuse c. Die linke Figur zeigt a2+b2 und die rechte c2. Da a2+b2 sich aus denselben Flächenteilen wie c2 zusammensetzen lässt, muss natürlich a2+b2=c2 gelten.

Kommen wir zum Umkehrsatz, dem 2. Teil des Satzes von Pythagoras.  Jetzt müssen wir uns davon überzeugen, dass jedes Dreieck, für das gilt, dass die Flächen der Quadrate über zweien der Dreiecksseiten zusammen genauso groß sind wie die Fläche des Quadrats über der dritten Seite, rechtwinklig sein muss:

Wenn für ein Dreieck mit den Seiten a, b, d gilt, dass a2+b2=d2 richtig ist, andererseits für das rechtwinklige Dreieck a, b, c die Gleichung a2+b2=c2 stimmt, dann ergibt sich im ersten Fall d=√(a2+b2) und im zweiten Fall c=√(a2+b2), damit gilt d=c. Beide Dreiecke besitzen drei gleiche Seiten und sind somit kongruent, also ist auch das Dreieck a, b, d rechtwinklig.

Der Satz des Pythagoras lässt sich auf andere geometrische Flächen anwenden. So z.B. auch auf Kreise. Hat man drei Kreise, für deren Durchmesser d1, d2 und d3 die Gleichung (d1)2+(d2)2=(d3)2 gilt, dann sind die beiden Kreise K1 und K2 zusammen flächenmäßig genauso groß wie der Kreis K3. Zum Beweis muss man nur die Flächenformel zur Inhaltsberechnung eines Kreises A= π⋅d2/4 benutzen und die oben stehende Ausgangsgleichung mit dem Faktor π/4 multiplizieren.

Wie man anhand der Bilder leicht einsehen kann, gilt auch, dass die beiden Halbkreise über den Katheten zusammen denselben Flächeninhalt besitzen wie der Halbkreis über der Hypotenuse. Zum Beweis muss man nur die Kreisflächengleichung noch durch zwei teilen.

Eine besonders schöne Anwendung des Satzes von Pythagoras sind die „Möndchen des Hippokrates“.

Dieser Satz, der nach dem altgriechischen Mathematiker Hippokrates benannt ist, sagt aus, dass die beiden hellblauen „Möndchen“ zusammen denselben Flächeninhalt haben wie das rechtwinklige Dreieck (rosa). Dass das richtig ist, kann man so einsehen: Auf dem unteren großen Bild erkennt man drei Halbkreise über den Seiten des rechtwinkligen Dreiecks. Wegen der weiter oben gewonnen Einsicht über die Anwendungen des Satzes von Pythagoras auf Halbkreise folgt, dass die beiden Halbkreise über den Katheten des Dreiecks, die die beiden Möndchen enthalten, zusammen denselben Flächeninhalt haben wie der Halbkreis über der Hypotenuse, sodass Folgendes richtig ist:

Halbkreisa+Halbkreisb=Halbkreisc (siehe oben) und

Möndchen1+Möndchen2= Halbkreisa+Halbkreisb-Kreissegmente (rot).

Daraus ergibt sich, wenn man den an der Hypotenuse gespiegelten „oberen“ Halbkreisc betrachtet

Möndchen1+Möndchen2=Halbkreisc-Kreissegmente, also wegen

Halbkreisc-Kreissegmente= Dreieck und damit die Behauptung

Möndchen1+Möndchen2=Dreieck.

 Diese Aufgabe galt lange Zeit als Beleg dafür, dass auch krummlinig begrenzte Flächen rationale Zahlen als Inhalte haben können. Das zeigt auch das Beispiel der zweiten „Möndchenaufgabe“. Gegeben ist ein beliebiges Quadrat, dessen Umkreis und die vier Halbkreise mit der Quadratseite als Durchmesser (Halbkreise über den Quadratseiten). Die vier Möndchen entstehen mittels Begrenzung durch die Halbkreise und den Umkreis.

Eine schöne Anwendung des Satzes von Pythagoras ist auch die Konstruktion der sogenannten Wurzelschnecke:

Man beginnt mit dem ersten rechtwinkligen Dreieck mit den Katheten der Länge 1, dessen Hypotenuse hat dann die Länge √2. Für das nächste rechtwinklige Dreieck benutzen wir nun diese Länge als Kathete a und für die Kathete b wählen wir wieder die Länge 1. Dann hat das zweite Dreieck die Hypotenuse der Länge √(2 +1)=√3 usw. Nacheinander entstehen so Strecken, die √1, √2, √3, √4, √5, usw. lang sind.

Ist jemandem das alles schon zu viel Mathematik, dann gibt es auch hier ein Hilfsmittel in der Mathothek – eine Waage!

 Und wie jeder sieht, sind die beiden kleinen Quadrate a2 (gelb) und b2 (rot) zusammen so schwer wie c2 (blau), da sie aus demselben Holz sind, also dasselbe spezifische Gewicht haben, gilt a2+b2=c2. Die Seiten a,b,c bilden also ein rechtwinkliges Dreieck. Natürlich ist die Waage kein mathematisches Beweismittel, auch wenn sie viel exakter wiegen würde als diese kleine, einfache Balkenwaage. Sie kann aber zur Veranschaulichung dienen und auch zu Vermutungen führen, die dann streng bewiesen werden müssen.

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