Bilder von unmöglichen Würfeln – Optische Täuschung lässt uns nicht konstruierbare Körper sehen

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In einer Projektwoche haben Schüler meines Leistungskurses Mathematik aus Holzlatten einen Kantenquader konstruiert, der im ersten Moment wie ein ganz normales Kantenmodell eines Würfels erscheint. Dazu muss man mit nur einem Auge von einem ganz bestimmten Punkt aus auf den Würfel schauen. Aber dann merkt man, dass die vordere linke Kante hinter der hinteren unteren Kante zu verlaufen scheint. Das ist aber unmöglich, nicht konstruierbar. Ebenso scheint die hintere rechte Kante sich vor der vorderen oberen Kante zu befinden. Auch das ist unmöglich, nicht konstruierbar. Durch den Verzicht auf den Stereoeffekt, den uns unserer beiden Augen und unser Gehirn ermöglichen, können wir hier ein anscheinend reales dreidimensionales Objekt erblicken. Durch unsere logisch-analytischen Fähigkeiten erkennen wir dann jedoch die sinnliche Täuschung als Illusion.

Die Konstrukteure diese Exponats der Mathothek haben, wie es schon die Maler der Renaissance getan haben, um die Gesetze der Perspektivität zu erforschen, mit gespannten Fäden die Seelinien dargestellt. Mit deren Hilfe haben sie dann passende Stücke aus der vorderen unteren und vorderen oberen Kante herausgesägt. Auf dem folgenden Bild kann man die Lücken klar sehen, nach dem man seine Perspektive etwas geändert hat.

Das unmögliche Objekt ist in der Mathothek normalerweise so platziert, dass man von einem bestimmten Punkt aus diese optische Täuschung erleben kann. Es gibt auch noch eine zugehörige Anleitung und Hilfe, um nur mit einem Auge zu schauen:

Es gibt in der Mathothek noch ein weiteres solches bei „Einäugigkeit“ Realität vortäuschendes Objekt. Es ist mithilfe eines 3D-Druckers hergestellter schwarzer kleiner Würfel, der sich in einem Holzkästchen mit durchsichtigem Deckel befindet.

Schaut man auch hier mit einem Auge senkrecht auf die – nicht vorhandene – obere Ecke dieses Würfels, legt es unser Gehirn nahe, dass es sich um ein seltsames, auf der Spitze stehendes Kantenmodell eines Würfels handelt, bei dem aber die fehlende obere Ecke durch die tatsächlich vorhandene untere Ecke ersetzt wird. Auch hier täuscht unser Gehirn uns zunächst ein unmögliches, nicht konstruierbares 3D-Gebilde vor. Natürlich durchschauen wir auch hier sofort durch eine kleine Bewegung unseres Kopfes, die Benutzung beider Augen und vernünftiges Nachdenken, dass wir hier einer Täuschung unserer Sinne aufgesessen sind:

Aber auf diesem Foto sehen wir, dass es auch hier in manchem Moment so aussieht, als würde die fehlende Ecke eigentlich unten sein:

Auch bei einem sehr einfachen Experiment erleben wir – auch wenn wir mit beiden Augen hinsehen – eine wechselnde Interpretation der Zeichnung Unser Gehirn bietet in kurzen zeitlichen Abständen, die wir willentlich kaum beeinflussen können, einmal eine konkave und dann wieder eine konvexe Deutung des 2D-Bildes an.

Den Wechsel von konvexer zu konkaver Deutung des folgenden Produkts aus dem 3D-Drucker mit seinem Dreieck aus halben Würfeln. So meinen wir in einem Augenblick, in die untere Ecke des offenen Halbwürfels zu blicken, und dann wieder meinen wir, dass wir auf die obere Ecke eines Würfels sehen.

Das folgende, harmlos erscheinende Legespiel mit seiner symmetrischen Vertiefung, in die die 13 Teile lückenlos gelegt werden sollen, ist offensichtlich ein 2D-Objekt.

Aber nachdem man diese Aufgabe gelöst hat, scheint es sich um eine 3D-Projektion in die Ebene zu handeln. Unser Gehirn scheint die Räumlichkeit bei zweidimensionalen Bildern automatisch zu suchen. Das ist auch hier so. Die Dreifarbigkeit des Bildes und seine Struktur lassen uns sofort nach einer 3-dimensionalen Deutung suchen. Aber es wird nicht gelingen. Egal, wie wir das Puzzle füllen, bei dem Versuch, irgendeine realistische, logisch widerspruchsfreie Projektion eines räumlichen Objektes in die Ebene bei dem Puzzlebild zu sehen, gelingt nicht.

In der Mathothek gibt es einen Band – Unmögliche Welten –, der zwei Bücher von Bruno Ernst vereint: Abenteuer mit unmöglichen Figuren und Das verzauberte Auge. Beide Bücher enthalten Bilder und Texte zu scheinbar realen Objekten, die aber bei genauerer Überlegung in der realen Welt nicht konstruierbar sind. Bei diesen optischen Phänomenen geht es regelmäßig um eine irreführende Darstellung in der Ebene von im Raum nicht möglicher Gegenständen. Unser Gehirn macht uns auf den Ersten Blick glauben, dass alles in Ordnung sei. Erst durch genaueres Hinsehen und logische, räumliche Überprüfung wird uns die Unmöglichkeit der ersten Annahme gewiss. Dabei geht es auch immer wieder um die grundlegenden Ideen und Arbeiten Eschers.

Der niederländische Künstler und Mathematiker M.C. Escher hat in seinen Werken oft mit solchen und anderen Illusionen und Täuschungen gearbeitet. So zeigt ein Druck an der Eingangstür der Mathothek eine interessante Mischung aus 2D-Gegenständen und Projektionen von 3D-Objekten:

Angeregt durch die maurischen Mosaike in Spanien, fand er zu seiner eigenen Kunstwelt.

Dabei erscheint einem, der das untere Bild zum ersten Mal sieht, dieses wahrscheinlich als besonders unrealistisch, was aber nicht stimmt. Hier handelt es sich um ein Möbiusband, das nur eine Seite besitzt und nur einen Rand. Durch die Prozession der Ameisen weist Escher deutlich auf dieses irritierende Stück Mathematik hin.

In der Mathothek gibt es sehr viele Exponate, die bedeutende optische Täuschungen präsentieren. Der Grund für diese Ansammlung ist nicht nur ihre Faszination für Besucher, sondern gerade bei dem Grundanliegen der Mathothek, Mathematik begreifbar machen, darauf hinzuweisen, dass es bei der sinnlichen Wahrnehmung nicht bleiben darf, sondern die logisch-analytische Auseinandersetzung dazugehört, um zu erkennen und zu verstehen.

Beispiele für weitere optische Täuschungen in der Mathothek:

 

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